Statine

Neuverordnung oft problemlos

Mutmaßliche Nebenwirkungen einer Statintherapie sind häufig und oft der Grund für das Absetzen des CSE-Hemmers. Eine erneute Langzeitbehandlung - mit demselben oder einem anderen Statin - wird jedoch von vielen Patienten problemlos vertragen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Mögliche Nebenwirkungen einer Statintherapie sind kein zwingender Grund, den Betroffenen die Lipidsenker dauerhaft vorzuenthalten.

Mögliche Nebenwirkungen einer Statintherapie sind kein zwingender Grund, den Betroffenen die Lipidsenker dauerhaft vorzuenthalten.

© Mathias Ernert

BOSTON / PEKING. Über unerwünschte Wirkungen einer Statinbehandlung wie Abgeschlagenheit, Übelkeit oder Muskelschmerzen berichten in klinischen Studien etwa 5-10 Prozent der Patienten, Therapieabbrüche sind jedoch nicht häufiger als mit Placebo. Im Alltag liegen die Nebenwirkungs- und Abbruchquoten deutlich höher.

Um zu prüfen, ob diese Beschwerden tatsächlich statinbedingt sind und bei einer erneuten Behandlung wiederkehren, haben Dr. Huabing Zhang aus Peking und Kollegen aus Boston die Krankenakten von 107.835 Statinpatienten inspiziert (Ann Intern Med 2013; 158: 526-534).

Die Patienten von zwei großen Krankenhäusern in Boston hatten zwischen 2000 und 2008 mindestens eine Statinverordnung erhalten, meistens Atorvastatin (51 Prozent) oder Simvastatin (33 Prozent).

Bei gut der Hälfte der Patienten (53,1 Prozent) wurde die Statintherapie zumindest vorübergehend abgesetzt. Der Anlass für dieses Pausieren ließ sich allerdings nicht bei allen Patienten ermitteln.

Ein klinisches Ereignis in Zusammenhang mit der Statintherapie war bei insgesamt 18.778 Patienten und damit bei fast jedem fünften Studienteilnehmer (17,4 Prozent) dokumentiert worden. In jedem vierten Fall handelte es sich dabei um eine Myalgie oder Myopathie.

Weitere häufig erfasste unerwünschte Wirkungen betrafen muskuloskeletales System, Bindegewebe, Allgemeinbefinden, Leber und Galle oder Magen-Darm-Trakt. Eine Rhabdomyolyse war bei sieben Patienten aufgetreten (0,006 Prozent).

Eine dokumentierte Statin-Nebenwirkung zog bei über der Hälfte der Patienten (59,2 Prozent) den Abbruch der Therapie nach sich. Bei 6579 dieser 11.124 Patienten wurde ein zweiter Therapieversuch unternommen.

Mehr als 90 Prozent von ihnen (6064 von 6579) standen auch zwölf Monate nach dem auslösenden Ereignis noch unter einer Statintherapie.

Weiteren Versuch in Betracht siehen

Für die erneute Behandlung wurde über 40 Prozent der Patienten dasselbe Statin verordnet wie zuvor. Fast die Hälfte dieser Patienten (1295 von 2721) blieben bei der Therapie, mehr als ein Drittel (996 von 2721) setzte die Behandlung mit dem gleichen Statin sogar in unveränderter oder erhöhter Dosierung fort.

Bei 372 Patienten war ein Anstieg der Kreatinkinase über das Dreifache des oberen Normwertes protokolliert worden. Bei 38 Prozent von ihnen wurde das Statin daraufhin dauerhaft abgesetzt. Von den 122 Patienten mit erneuter Statintherapie hatten aber nur zehn (8,2 Prozent) die Behandlung wieder beendet.

"Patienten, die ein statinassoziiertes klinisches Ereignis hatten, sind vermutlich häufig in der Lage, eine langfristige Statintherapie zu vertragen", fassen Zhang et al. die Ergebnisse zusammen. Die Daten würden nahelegen, dass viele vermeintlich Statin-assoziierte Ereignisse gar nicht mit der Statintherapie zusammenhängen.

Zudem könnten manche - tatsächlich therapiebedingten - Probleme so geringfügig sein, dass sie toleriert oder durch den Austausch des Statins behoben werden könnten.

"Unter diesen Umständen könnte das dauerhafte Absetzen einer Statintherapie zu vielen vermeidbaren kardiovaskulären Ereignissen und Todesfällen führen", so die Einschätzung von Zhang und Kollegen.

Sie empfehlen deswegen, wenn Patienten über mögliche Statin-Nebenwirkungen klagen, einen weiteren Behandlungsversuch in Betracht zu ziehen, um diejenigen ausfindig zu machen, bei denen eine Fortsetzung der Therapie möglich ist.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das Problem mit der Treue

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