PC statt Therapeut

Online-Psychotherapie lindert Angststörungen

Selbsthilfe per Internet: Mit speziellen Behandlungs-Modulen lassen sich Angststörungen tatsächlich abschwächen. Den Therapeuten ersetzen sie aber nicht.

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Therapie vor dem PC funktioniert offenbar - zumindest mit den Online-Modulen bei Angststörungen.

Therapie vor dem PC funktioniert offenbar - zumindest mit den Online-Modulen bei Angststörungen.

© lassedesignen / fotolia.com

LINKÖPING. Selbstbehandlung am Computer statt aufwendiger Sitzungen beim Therapeuten - die Krankenkassen hätten sicher ihre Freude daran.

Offenbar nützen solche Behandlungsversuche tatsächlich etwas - den Therapeuten können sie aber nicht ersetzen. Darauf deuten nun Ergebnisse einer Vergleichsstudie von Psychologen aus Schweden (Psychother Psychosom 2012;81:344-355).

Ein Team um Dr. Gerhard Andersson hat eine kognitive Verhaltenstherapie und eine psychodynamische Therapie per Internet bei 81 Patienten mit Angststörungen geprüft.

Für die kognitive Verhaltenstherapie lagen schon Daten zum Nutzen aus anderen Studien vor, nun wollten die Forscher schauen, ob die psychodynamische Therapie online ähnlich gut oder sogar noch besser wirkt.

Dazu teilten sie die Angstpatienten in drei Gruppen ein: Jeweils 27 nahmen an der Verhaltenstherapie und an der psychodynamischen Therapie teil, weitere 27 wurden zunächst auf eine Warteliste gesetzt und dienten als Kontrollgruppe.

Klinisch relevante Unterschiede

Bei der internetbasierten psychodynamischen Therapie (IPDT) wurden die Teilnehmer durch ein Programm geführt, indem sie unbewusste Verhaltensmuster erkennen sollten, die zu emotionalen Problemen führen. Diese Muster sollten sie verstehen und schließlich vermeiden.

Das Programm bestand aus acht textbasierten Modulen. Jede Woche galt es, ein Modul zu bearbeiten. Am Ende jedes Moduls wurden die Teilnehmer dazu ermutigt, die Themen schriftlich mit einem sie begleitenden Therapeuten zu diskutieren.

Analog dazu erfolgte die internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie (ICBT). Hier ging es vor allem darum, irrationale Verhaltensweisen zu erkennen und zu korrigieren sowie Entspannungs- und Problemlösungsstrategien zu nutzen.

Zu Beginn, am Ende der Therapie sowie drei und 18 Monate nach Therapieende befragten die Psychologen die Teilnehmer mit einer Reihe von Fragebögen.

Primärer Endpunkt war das Ergebnis beim Penn State Worry Questionnaire (PSWQ). Dieser variiert zwischen 16 und 80 Punkten und misst hauptsächlich das Ausmaß der Ängste sowie ihre Kontrollierbarkeit.

Auf dieser Angstskala gingen die Werte in der ICBT-Gruppe ausgehend von 68 Punkten bis zum Therapieende um etwa 7,1 Punkte zurück, minus 7,9 Punkte waren es in der IPDT-Gruppe und minus 5,7 Punkte im selben Zeitraum in der Kontrollgruppe.

Die Unterschiede zur Kontrollgruppe von knapp zwei bis drei Punkten waren statistisch signifikant und nach Ansicht der Studienautoren auch klinisch relevant.

Online-Therapie ohne Langzeiteffekt

Drei Monate nach Studienende waren die Angststörungen in den Therapiegruppen immer noch deutlich geringer: minus 11,5 Punkte mit ICBT, minus 11,6 Punkte mit IPDT und minus 4,5 Punkte in der Kontrollgruppe. Nach 18 Monaten erreichten jedoch alle drei Gruppen wieder ähnliche Werte.

Auch andere Angstskalen erfassten mit beiden Psychotherapien einen stärkeren Rückgang der Symptome als in der Kontrollgruppe, ebenso gingen Depressionen stärker zurück und die Lebensqualität nahm zu, wobei hier die ICBT etwas besser zu sein schien.

Insgesamt gab es zwischen den beiden Psychotherapien aber keine signifikanten Unterschiede.

Die Studienautoren sehen bei beiden internetbasierten Psychotherapien eher moderate Effekte, die auch nicht allzu lange anhalten. PC und Internet können den Therapeuten also wohl doch nicht so schnell ersetzen.

Interessant ist die von Therapeuten unterstütze Onlinetherapie aber möglicherweise zur Überbrückung für Angstpatienten, die auf einen Termin beim Therapeuten lange warten müssen, oder für die Betreuung zwischen den Therapiesitzungen. (mut)

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