Gefragt werden die Patienten dabei nach den Situationen, in denen die Inkontinenz-Episoden bevorzugt auftreten. Treten sie zum Beispiel meist beim Husten oder Treppensteigen auf, ist nach Angaben von Dr. Jeanette S. Brown aus San Francisco im US-Staat Kalifornien und ihren Kollegen von einer Belastungsinkontinenz auszugehen (Ann Intern Med 144, 2006, 715).

Mit dem Fragebogen-Test, der aus lediglich drei Fragen besteht, werden zwei Drittel bis drei Viertel der Patienten richtig eingestuft. Es wird bei 25 bis 40 Prozent jedoch auch die falsche Differentialdiagnose gestellt und somit wahrscheinlich auch falsch behandelt.

Dennoch halten es die US-Kollegen für vertretbar, auf der Basis dieses Tests unverzüglich mit der Behandlung zu beginnen und die Patienten erst dann zur weiteren Klärung zu einem Urologen oder Gynäkologen zu schicken, wenn die Ersttherapie nach spätestens sechs Monaten nicht erfolgreich ist.

Ihre Argumentation: Angesichts der Tatsache, daß sehr viele Menschen mit Harninkontinenz derzeit überhaupt nicht erkannt und behandelt würden, wäre es ein großer Fortschritt, wenn aufgrund des einfachen diagnostischen Vorgehens mit dem Fragebogen-Test vielleicht künftig mehr Betroffene ermittelt und - wenn auch zunächst vielleicht nicht ganz richtig - behandelt würden.

Außerdem seien die derzeit üblichen konservativen Therapien bei Patienten mit Harninkontinenz wie Beckenbodentraining und Medikamente wie Anticholinergika meist harmlos. Werde bei einigen Patienten zunächst die falsche Therapie gewählt, sei das also nicht so gravierend, so die Kollegen.

So ähnlich sieht es auch Professor Klaus-Peter Jünemann, Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und 1. Vorsitzender der Deutschen Kontinenz Gesellschaft.

Der Kollege empfiehlt jedoch, sich zusätzlich zu dem Fragebogen-Test von den Patienten ein dreitägiges Miktionsprotokoll erstellen zu lassen. "Damit läßt sich mit einem geringem Zusatzaufwand zum Beispiel feststellen, ob die Harninkontinenz nicht vielleicht doch darauf zurückzuführen ist, daß ein Patient zu viel trinkt oder ein Diabetes insipidus vorliegt", sagte der Kieler Urologe zur "Ärzte Zeitung".

Weitere Infos zur Diagnostik und Therapie bei Harninkontinenz bietet die Deutsche Kontinenz Gesellschaft unter www.kontinenz-gesellschaft.de.

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