Rachitis bei guter Ernährung - das kann genetisch bedingt sein

CHEMNITZ (bib). Rachitis ist nicht Medizingeschichte: In Deutschland erkranken daran 100 Kinder pro Jahr. Meist ist Vitamin-D-Mangel die Ursache. Möglich sind aber auch seltene genetische Störungen des Vitamin-D-Stoffwechsels. Typisch dafür sind motorische Entwicklungsverzögerungen trotz ausgewogener Ernährung.

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So berichten Dr. Rico Höltzel vom Klinikum Chemnitz und seine Kollegen von einem fast zwei Jahre alten Mädchen, das sich nach dem achten Lebensmonat verzögert entwickelt hatte. Es "konnte nur kurzzeitig frei sitzen, begann weder zu stehen noch zu laufen und bewegte sich kriechend", so die Kinderärzte in "pädiatrie hautnah" (7, 2003, 324).

Psychisch und geistig war das Mädchen normal, auch orthopädische Untersuchungen, EEG und Schädelsonographie waren unauffällig. Nicht so die Röntgenaufnahmen, etwa der Hände: Der Entwicklungsstand der Knochenkerne entsprach dem eines sechs Monate alten Kindes.

Größe und Gewicht des Mädchens lagen unter der dritten Perzentile. Sie hatte einen angedeuteten rachitischen Rosenkranz (Auftreibungen der Rippen an den Knorpel-Knochen-Grenzen), distal verbreiterte Unterarme sowie eine Muskelschwäche vorwiegend der Beine. Typisch für eine kalzipenische Rachitis waren die niedrigen Serum- und Urinwerte für Kalzium und Phosphor und ein Hyperparathyreoidismus.

Das Kind war ausgewogen mit viel Milch und Vitamin-D-Prophylaxe ernährt worden, eine Mangel-Rachitis daher unwahrscheinlich. Tatsächlich waren 25-OH-Vitamin-D erhöht, das aktive 1,25-OH-Vitamin-D aber sehr niedrig. Nach dessen Substitution und der Therapie mit Kalzium lernte das Kind laufen und holte beim Wachstum auf.

Diese Form der Erkrankung - eine Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I (VDDR-1) - wird autosomal rezessiv vererbt. Die Symptome ähneln einer schweren Vitamin-D-Mangel-Rachitis mit Doppelhöckern an den Malleolen, Rosenkranz am Thorax, Extremitätenverformungen, verspätetem Milchzahndurchbruch und Fontanellenschluß, Kalkarmut und Metaphysenauftreibungen. Höltzel: "Muskelhypotonie und die Unfähigkeit zum Stehen und Laufen gelten als Leitsymptome."

Die Prognose ist gut. Aktives Vitamin D muß jedoch lebenslang substituiert werden. Dabei sind regelmäßige Laborkontrollen nötig. "Eine therapiebedingte Hyperkalzämie muß vermieden werde, deshalb ist auf Symptome wie Appetitlosigkeit, mangelnde Gewichtszunahme, Obstipation und sonographisch auf eine Nephrokalzinose zu achten." VDDR-1 muß vom Typ 2 abgegrenzt werden, bei dem 1,25-OH-Vitamin D nicht niedrig, sondern erhöht ist.

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