Neue Cholesterin-Senker

Risiko für Herzinfarkte halbiert

Die neuen PCSK9-Hemmer reduzieren das LDL-Cholesterin im Blut. Zwei Studien machen jetzt Hoffnung: Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sinkt dadurch offenbar deutlich.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Lipidsenkung durch PCSK-9-Hemmer war beim ACC-Kongress in San Diego ein viel diskutiertes Thema.

Lipidsenkung durch PCSK-9-Hemmer war beim ACC-Kongress in San Diego ein viel diskutiertes Thema.

© DE

SAN DIEGO. Seit einigen Jahren werden monoklonale Antikörper wie Evolocumab und Alirocumab, die das Enzym Proprotein Convertase Subtilisin-Kexin Typ 9, kurz PCSK9, inhibieren, in großen Studienprogrammen klinisch entwickelt, .

Wie zahlreiche Studien gezeigt haben, reduzieren PCSK9-Inhibitoren das LDL-Cholesterin nachhaltig um mehr als 50 Prozent, auch bei Patienten, die bereits Statine erhalten.

Dadurch gelingt es, viel mehr Patienten auf LDL-Zielwert zu bringen, etwa solche mit familiärer Hypercholesterinämie oder Patienten, die Statine nicht vertragen.

Die entscheidende Frage ist jedoch: Übersetzt sich diese zusätzliche deutliche LDL-Cholesterinsenkung in einen klinischen Vorteil für die Patienten? Können Herzinfarkte, Schlaganfälle und Todesfälle verhindert werden?

Dazu laufen große klinische Endpunkt-Studien. Deren Ergebnisse werden 2017 erwartet. Mit den ersten PCSK9-Inhibitoren auf dem Markt ist jedoch schon 2015 zu rechnen, vermutlich auch in Deutschland.

Studie mit mehr als 4400 Patienten

Nun liegen erste Studiendaten vor, die auch hinsichtlich des klinischen Nutzens hoffnungsvoll stimmen.

 Dr. Marc Sabatine, Brigham and Women's Hospital der Harvard Medical School in Boston, präsentierte beim ACC-Kongress Ergebnisse von zwei offenen randomisierten Studien (OSLER-1 und OSLER-2) mit insgesamt 4465 Patienten, die zuvor an 12 Phase-II- und III-Studien mit dem PCSK9-Hemmer Evolocumab (Hersteller: Amgen) teilgenommen hatten.

Die Publikation erfolgte simultan im "New England Journal of Medicine" .

Alle Patienten sind im Verhältnis 2:1 zwischen einer Therapie mit dem PCSK9-Antikörper (140 mg s.c. alle zwei Wochen oder 420 mg einmal im Monat) oder Standardtherapie randomisiert und dann elf Monate lang nachbeobachtet worden. 70 Prozent nahmen zusätzlich Statine ein.

Evolocumab senkte das LDL-Cholesterin gegenüber der Kontrollgruppe relativ um 61 Prozent und absolut um 73 mg/dl (von 120 mg/dl auf 48 mg/dl). 90 Prozent (vs. 26 Prozent) der Patienten erreicht dadurch ein LDL unter 100 mg/dl, 74 Prozent (vs. 4 Prozent) ein LDL unter 70 mg/dl.

Ereignisrate um 53 Prozent reduziert

Nach elf Monaten hatten 2,18 Prozent der Patienten in der Kontrollgruppe sowie 0,95 Prozent in der Evolocumab-Gruppe klinische Komplikationen wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz erlitten.

Dies entsprach einer signifikanten relativen Risikoreduktion um 53 Prozent (p=0,03). Alle Komponenten des Endpunktes wurden durch den Antikörper reduziert, so Sabatine. Die Kurven drifteten bereits nach drei Monaten auseinander, was für einen frühen Nutzen der ausgeprägten LDL-Senkung spricht.

Nebenwirkungen berichten 69 Prozent der mit Evolocumab und 65 Prozent der standardmäßig behandelten Patienten, über schwere Nebenwirkungen jeweils 7,5 Prozent.

Ein Unterschied zeigte sich bei "neurokognitiven" Nebenwirkungen: Diese wurden bei 0,9 Prozent der mit dem Antikörper behandelten Patienten sowie bei 0,3 Prozent der Kontrollpatienten registriert.

Wie Sabatine erläuterte, häuften sich aber keinerlei Nebenwirkungen bei besonders starker LDL-Senkung. Bei Patienten mit LDL-Werten unter 25 mg/dl (!) gab es keine höhere Inzidenz als bei den Kontrollpatienten.

Limitationen der Studie sind zum einen das offene Studiendesign, die geringe Nachbeobachtungszeit von einem knappen Jahr sowie die geringe Zahl der Komplikationen in diesem Jahr (n=60).

Allerdings stimmen die OSLER-Daten augenfällig mit denen des ODYSSEY LONG-TERM-Programms überein, bei dem mit Alirocumab (Hersteller: Sanofi und Regeneron) ein anderer PCSK9-Inhibitor eingesetzt worden war.

Diese Studie wurde in derselben Ausgabe des "New England Journal of Medicine" publiziert . Teilnehmer waren Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko, die unter maximaler Statintherapie LDL-Werte von im Schnitt 121 mg/dl aufwiesen.

Zwei Drittel der Teilnehmer erhielten Alirocumab (150 mg s.c. alle 14 Tage) über 78 Wochen, ein Drittel Placebo. Alirocumab reduzierte die LDL-Spiegel gegenüber Placebo um 62 Prozent.

Patienten der Verumgruppe erreichten im Schnitt einen LDL-Wert von 48 mg/dl (Placebo: 119 mg/dl).

Risikoreduktion um 48 Prozent

Einer Post-hoc-Analyse zufolge erlitten 1,7 Prozent der Alirocumab-Patienten und 3,3 Prozent der Placebo-Patienten schwere kardiovaskuläre Komplikationen, entsprechend einer Risikoreduktion um 48 Prozent (p=0,02). Die Größenordnungen entsprechen denjenigen in den OSLER-Studien mit Evolocumab.

In der ODYSSEY LONG-TERM-Studie wurden folgende Nebenwirkungen registriert: Reaktionen an der Einstichstelle (5,9 vs. 4,2 Prozent), Myalgie (5,4 vs. 2,9 Prozent), neurokognitive Nebenwirkungen (1,2 vs. 0,5 Prozent) und Augenkomplikationen (2,9 vs. 1,9 Prozent).

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Kommentare
Dr. Günther Jonitz 31.03.201509:51 Uhr

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In der Tat. Wollen Sie gerne Multimillionär werden? Wollen Sie Ihre Chance darauf um 50% erhöhen!? Dann füllen Sie bitte statt 4 Kästchen 6 auf dem Lottoschein aus und - schwupps - haben sich Ihre Chancen drastisch erhöht.
Sorry, liebe ÄZ. Prozentangaben als Nachweis einer besseren Wirkung eines medikaments oder Verfahrens ohne Angaben, ob es sich um die absolute oder relative Risikoreduktion handelt, sind unseriös und unqualifiziert.
Nachzulesen bei Gerd Gigerenzer "Das Einmaleins der Skepsis" oder in der Patientenbroschüre der Techniker-Krankenkasse "kompetent als Patient".

Dr. Huldrych Steinemann 26.03.201510:52 Uhr

neuer cholesterinsenker

Die detaillierten Angaben zu den neurokognitiven sowie zu den 7.5 % ! schweren Nebenwirkungen wären sehr hilfreich. Die neuen PCSK9-Hemmer werden vorerst ja v.a.bei Statinunverträglichen eingesetzt werden.

Dr. Huldrych Steinemann 26.03.201510:36 Uhr

neuer cholesterinsenker

Sinnvoll wären Angaben der ARR Absoluten Risikoreduktion, und damit die NNT Number needed to treat.
Die RRR ist nun wirklich zu relativ und ist nur fürs Marketing bei faktenresistenten gutgläubigen Aerzten und Patienten einsetzbar.
Ich kann mir die Daten auch selber ausrechnen, doch sie gehören einfach in eine seriöse Publikation und auch Rezension.
Danke

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