Strategien zur Schmerzlinderung

Schmerzen einfach wegzählen?

Mit welcher kognitiven Strategie sich Schmerzen am effektivsten lindern lassen, haben Forscher untersucht – darunter rückwärts zählen und an etwas Schönes denken.

Veröffentlicht:
Anatomisches Modell des Gehirns: Beim Rückwärtszählen ist die enge Zusammenarbeit von linker und rechter Inselrinde vonnöten.

Anatomisches Modell des Gehirns: Beim Rückwärtszählen ist die enge Zusammenarbeit von linker und rechter Inselrinde vonnöten.

© RapidEye / Getty Images / iStock

München. Schmerz ist auch eine Kopfsache: Wie kognitive Strategien zur Schmerzlinderung die Hirnaktivität beeinflussen, haben Forscher um Dr. Enrico Schulz von der LMU München untersucht (eLife 2020; 9:e55028). Für ihre Studie fügten die Wissenschaftler 20 Probanden einen Kälteschmerz zu. Währenddessen sollten die Versuchspersonen zur Schmerzlinderung eine von drei Strategien anwenden:

  • Von 1000 in siebener Schritten rückwärts zählen,
  • sich gedanklich etwas Schönes vorstellen oder
  • sich selbst – als eine Art Autosuggestion – einreden, dass die Kälte nicht schmerzt.

Rückwärtszählen erfordert hohe Konzentration

Mithilfe eines 7T-Magnetresonanztomographen fertigten die Wissenschaftler dabei Bilder vom Gehirn an und analysierten dessen Aktivität. Die Schmerzintensität und damit die Wirksamkeit der verschiedenen Strategien zur Schmerzlinderung schätzten die Probanden mithilfe einer Schmerzskala von 0 bis 100 ein.

Dabei zeigte sich, dass Rückwärtszählen die effektivste Methode war: „Offenbar erfordert diese Aufgabe eine so hohe Konzentration, dass der Schmerz in den Hintergrund rückt. Einigen Probanden gelang es sogar, die Schmerzstärke um die Hälfte zu reduzieren“, wird Schulz in einer Mitteilung der LMU zitiert. „Eine Probandin hat später berichtet, dass sie die Strategie sogar in der intensiven Phase von Geburtswehen erfolgreich angewandt hat.“

Zusammenarbeit führt zum Erfolg

Als Grund vermuten die Forscher, dass bei der Schmerzlinderung durch Rückwärtszählen unter anderem die enge Zusammenarbeit von linker und rechter Inselrinde vonnöten ist. Die Schmerzlinderung durch die gedankliche Vorstellung von etwas Schönem gelingt hingegen nur durch den intensiven Austausch mit dem Stirnlappen.

Da der Stirnlappen eine wichtige Kontrollinstanz im Gehirn ist, vermuten die Wissenschaftler, dass die gedankliche Vorstellung von etwas Schönem möglicherweise mehr Kontrolle erfordert, weil das Gehirn mehr „Schubladen“ – etwa Erinnerungen – durchsuchen muss, bis es die „richtige“ findet, während „Zählen“ eine vergleichsweise klare Anforderung ist.

Als Nächstes wollen die Forscher nun untersuchen, ob sich ihre Ergebnisse auch auf chronische Schmerzpatienten übertragen lassen. (eb)

Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Menschen laufen am Strand

© KOTO - stock.adobe.com

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!