Ergebnis einer Beobachtungsstudie

Schwaches Herz – schwaches Hirn

Eine Herzinsuffizienz ist mit Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen assoziiert, wie Würzburger Forscher belegt haben. Mit kognitiven Tests könnte daher künftig bereits bei Diagnosestellung auffälligen Patienten noch zielgerichteter geholfen werden.

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Auswertung von MRT-Bildern: Würzburger Forscher fanden heraus, dass die Atrophien des Temporallappens bei Herzschwächepatienten im Zusammenhang mit ihren kognitiven Beeinträchtigungen standen.

Auswertung von MRT-Bildern: Würzburger Forscher fanden heraus, dass die Atrophien des Temporallappens bei Herzschwächepatienten im Zusammenhang mit ihren kognitiven Beeinträchtigungen standen.

© (c) DZHI/Kochanowski

WÜRZBURG. Dass Patienten, die an einer Herzinsuffizienz leiden, bisweilen ihre Medikamente vergessen, könnte gar nicht am Willen oder Nachlässigkeit der Patienten liegen, sondern an einer durch die Herzschwäche begünstigten Störung des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit.

Dies hat ein Forscherteam des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) bestätigt (JAAC: H Fail 2018; 6(7): 583-592).

Hinweise aus Beobachtungsstudie

In der Beobachtungsstudie Cognition.Matters-HF unterzogen die Wissenschaftler um Dr. Anna Frey 148 Patienten mittleren Alters mit einer mindestens ein Jahr zuvor diagnostizierten Herzschwäche zahlreichen kardiologischen, neurologischen und neuropsychologischen Tests.

Dazu zählten neben dem EKG und der Echokardiographie auch Herz-Kreislaufuntersuchungen inklusive 6-Minuten-Gehtest sowie neurologische Untersuchungen mit Ultraschall der Halsgefäße, neuropsychologischen Tests und eine Kernspintomografie des Gehirns. Die Tests wurden nach einem Jahr, drei Jahren und fünf Jahren wiederholt.

Frey und ihre Kollegen stellten fest, dass 41 Prozent der untersuchten Herzschwäche-Patienten Defizite in der Reaktionszeit aufwiesen, 46 Prozent Defizite im verbalen Gedächtnis.

Um die MRT-Aufnahmen der Patienten mit Herzinsuffizienz auszuwerten, verglichen sie die Aufnahmen mit denen von 288 gesunden Probanden gleichen Geschlechts und Alters aus einer Österreichischen Schlaganfall-Studie.

Im Kopf-MRT zeigten die Patienten im Vergleich zu herzgesunden Normalpersonen eine stärkere Atrophie des Temporallappens, der eine wichtige Rolle für die Gedächtnisbildung innehat.

Geringere Ausdauer bei Patienten mit kognitiven Störungen

Doch wieso beeinflusst das kranke Herz die Hirnfunktion? "An der Pumpfunktion scheint es nicht zu liegen", wird Anna Frey in einer Mitteilung des UKW zitiert. "Es findet sich nämlich kein direkter Zusammenhang zwischen der eingeschränkten Pumpleistung und den Einschränkungen der Kognition.

Auffällig bei den Patienten mit kognitiven Störungen war jedoch die geringere Ausdauer. Beim 6-Minuten-Gehtest schnitten die Patienten mit verminderter Herz- und Hirnfunktion nicht so gut ab wie diejenigen, deren Hirnfunktion unauffällig war."

Mit der Cognition.Matters-HF-Studie werde die Hypothese untermauert, dass das schwache Herz die Gehirnfunktion beeinträchtigt, und insbesondere Auffälligkeiten im Temporallappen hätten bei der Untersuchung als wahrscheinliche Ursache identifiziert werden können, heißt es in der Mitteilung.

Weiteren Ergebnissen der Studie zufolge hatten Herzinsuffizienzpatienten mit linksventrikulärer Ejektionsfraktion und Defiziten in verschiedenen kognitiven Domänen zudem ein höheres Risiko, innerhalb des ersten Jahres nach Studienbeginn zu sterben.

Bedarf an weiteren Studien

"Die Ergebnisse von Cognition.Matters-HF zeigen den Bedarf an weiteren Studien, die auf eine Verbesserung der kognitiven Funktionen bei herzinsuffizienten Patienten abzielen", so Mitautor Professor Georg Ertl.

Eine Herzinsuffizienz erhöhe aufgrund des komplexen Therapieplans mit regelmäßiger Prüfung der Vitalwerte, konsequenter Einnahme der Medikamente und Beschränkung der Trinkmenge die kognitiven Anforderungen. Demgegenüber stünden die verminderten kognitiven Fähigkeiten.

Cognition.Matters-HF bestärke Ärzte daher darin, Patienten mit Herzinsuffizienz künftig noch intensiver zu betreuen, heißt es in der Mitteilung der Uni. Mit kognitiven Tests könnte in Zukunft hoffentlich bereits bei Diagnosestellung auffälligen Patienten noch zielgerichteter geholfen werden.

Erstautorin Frey warnt jedoch vor einer Pauschalisierung, dass jeder Patient mit einer Herzschwäche zwangsläufig eine Gedächtnisstörung hat oder haben wird: "Immerhin haben wir bei 32 Prozent aller Studienteilnehmer mit Herzinsuffizienz keine Auffälligkeiten im Gehirn gefunden. Lediglich 16 Prozent unserer Patienten hatten ernsthafte kognitive Störungen."(eb)

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Kommentare
Dr. Hartwig Raeder 25.07.201807:56 Uhr

Pathophysiologie

Die Herzinsuffizienz definiere ich als zu kleines Herzzeitvolumen. Wurde das HZV überhaupt gemessen? Eine generalisierte Atherosklerose führt also zeitgleich zu Herzleistungsschwäche und Hirnleistungsschwäche. Das HZV ist die Quadratwurzel des Quotienten aus Herzleistung und peripherem Widerstand. Atherosklerose vergrößert den Widerstand und verkleinert das HZV. Zweitens ist die Hirnleistung vielleicht (wie auch die GFR) proportional zum HZV. Nicht umsonst spricht man von zerebralen Durchblutungsstörungen. Die linksventrikuläre Brutto-Ejektionsfraktion ist kein Maß für die Schwere der Herzinsuffizienz.

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