Schweinegrippe: Groteske Kritik am Pandemieschutz

Von Thomas Müller Veröffentlicht:

Man muss sich noch einmal die Situation im Sommer 1918 vor Augen führen, um zu verstehen, wie grotesk und verantwortungslos es ist, wenn inzwischen selbst Ärztevertreter wie BÄK-Vizepräsidentin Goesmann die Vorbereitungen zum Pandemieschutz als Kampagne der Pharmaindustrie abtun: Im Sommer 1918 gab es eine für die Jahreszeit ungewöhnliche Häufung von Grippefällen, die meist milde verliefen. Im Herbst folgte eine der größten humanitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts mit 20 bis 50 Millionen Toten. Man kann nun die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass der noch milde Verlauf der Pandemie im Sommer 2009 in kein vergleichbares Desaster mündet. Man kann aber auch alles Menschenmögliche tun, um eine solche Katastrophe zu verhindern.

Wenn die Menschheit nun erstmals in ihrer Geschichte eine wirksame Waffe gegen eine neue Seuche entwickelt hat, bevor diese großen Schaden anrichten konnte, dann ist dies eine historische Leistung. Und es ist daher äußerst befremdlich, wenn selbst Ärztevertreter glauben, eine drei viertel Milliarde Euro für die geplante Schweinegrippe-Impfaktion sei eine schlechte Investition - in Zeiten, in denen gerade 5 Milliarden Euro Abwrackprämie zur Stützung der Autoindustrie verteilt wurden.

Angesichts dieser Kritik auch von Ärzten am Pandemieschutz wundert es nicht, wenn viele Menschen verunsichert sind und die Impfung ablehnen. Eine solche Haltung kann sich zwar schnell ändern, sollte die Pandemie wie 1918 eine gefährliche Wendung nehmen. Dann aber kommt eine Impfung für viele zu spät. Darüber sollten sich all diejenigen im Klaren sein, die bereits im Sommer eine im Herbst anstehende Pandemie vollmundig verharmlosen.

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