Amputationen bei Diabetikern

Seltener Fuß ab!

Amputationen bei Diabetikern in Deutschland sind weiter viel zu häufig. Offenbar bleiben aber Gliedmaßen bei den Eingriffen zunehmend erhalten.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Weniger große, mehr kleine Amputationen werden bei Diabetikern durchgeführt.

Weniger große, mehr kleine Amputationen werden bei Diabetikern durchgeführt.

© Steinach / imago

KREFELD. Die Anzahl großer, also am Bein oberhalb des Sprunggelenks ansetzender Amputationen hat in Deutschland zwischen 2005 und 2010 signifikant abgenommen.

Die Zahl der Amputationen an Fuß und Zehen ist aber nicht zurückgegangen; bei Männern hat sie sogar um knapp 22 Prozent zugelegt.

Dies geht aus einer Studie von Ärzten um den Angiologen Dr. Frans Santosa vom HELIOS-Klinikum in Krefeld hervor (Int Wound J 2013; online 6 Juni).

Die Forscher hatten dazu Angaben des Statistischen Bundesamtes ausgewertet, die auf DRG-Daten von mehr als 99 Prozent der deutschen Klinken beruhen.

Danach sank bei Männern die Rate von Major-Amputationen (OPS-Schlüssel 5-864) von 27,0 pro 100.000 im Jahr 2005 auf 22,9/100.000 im Jahr 2010 (minus 15 Prozent). Noch ausgeprägter war der Rückgang bei Frauen: von 19,7 auf 14,4/100.000 (minus 26,9 Prozent).

Prävalenz bei Fußläsionen gleich geblieben

Untersucht wurden Amputationen wegen peripher-arterieller oder neurovaskulärer Erkrankungen. Andere Ursachen, wie Verletzungen oder Tumoren, gingen nicht in die Analyse ein.

Daher ist es besonders aufschlussreich, dass die Zahl der Minor-Amputationen (OPS 5-865) nicht kleiner geworden ist. Das zeigt, dass die Prävalenz von Fußläsionen etwa bei Diabetes nicht gesunken ist.

Im Gegenteil: Bei Frauen blieb die Zahl der Minor-Operationen zwar annähernd gleich: 23,1/100.000 (2005) und 23,9/100.000 (2010). Bei Männern gab es aber einen Anstieg von 47,4 auf 57,8/100.000.

"Sinkt die Rate der Minor-Amputationen nicht oder steigt sie sogar, dann zeigt das, dass noch keine wirksame Prävention von Fußläsionen erreicht ist", so die Forscher.

Im Lichte der zunehmenden Diabetesprävalenz spiegle die Rate von Minor-Amputationen die Last des Problems. Der Rückgang von Major-Amputationen hingegen zeige, dass die Behandlungsstrategien greifen.

Keine Erklärungen

Erklärungen für die veränderten Major- und Minor-Zahlen liefert die Studie keine. Sie stützt sich lediglich auf Operationen- und Prozedurenschlüssel oder DRG-Daten, nicht auf Angaben in Krankenakten.

Im Wesentlichen werden Erkenntnisse aus dem Ergebnisbericht "Diabetes-Versorgung in Deutschland" des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung von 2012 bestätigt.

Dort steht zu lesen: "Auffällig an der Darstellung ist die relative Zunahme von Amputationen an den Füßen bei gleichzeitiger Abnahme von Amputationen der unteren Extremitäten. Ob dieser Befund so zu interpretieren ist, dass Amputationen zunehmend Gliedmaßen-erhaltend tiefer erfolgen, bleibt zu untersuchen."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schlecht zu Fuß

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