Tipps zum Fasten

So überstehen Diabetiker den Ramadan

Einige Muslime mit Diabetes wollen nicht auf das Fasten während des Ramadan verzichten. Experten verraten, was sie dabei beachten sollten.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Der Fastenmonat Ramadan dauert dieses Jahr vom 6. Juni bis zum 5. Juli. Für gläubige Moslems heißt das: über 30 Tage von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht essen, nicht trinken, nicht rauchen und keinen Geschlechtsverkehr.

Kranke sind durch ihren Glauben allerdings nicht unbedingt zum Fasten verpflichtet. Gläubige Patienten können nämlich alternativ für jeden im Ramadan versäumten Fastentag einen Bedürftigen speisen (die sogenannte Fidya). Patienten mit besonders hohem Risiko durch Fasten sollte daher auch davon abgeraten werden.

Morgens Insulindosis reduzieren!

Sind Zuckerkranke stabil eingestellt, ist Fasten aber häufig möglich. "Um Komplikationen wie Unterzuckerungen zu vermeiden, sollten Diabetiker aber nur nach Absprache mit ihrem Arzt fasten", betont Dr. Mahmoud Sultan, Ärztlicher Leiter des Diabetes Zentrums Kreuzberg in Berlin in einer Mitteilung von diabetesDE.

Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass Insulin und andere Antidiabetika mit Hypoglykämie-Risiko in den Morgenstunden reduziert werden. Solche Medikamente können nämlich wegen der veränderten Lebensweise im Fastenmonat trotz gewohnter Dosierung Hypoglykämien verursachen.

Zudem ist darauf zu achten, dass der Einnahmezeitpunkt einer regelmäßigen Medikation verschoben wird: Denn fastende Patienten dürfen während des Tages auch keine Tabletten schlucken, da dies als Fastenbruch gewertet würde. Im Ramadan darf darüber hinaus auch parenteral nichts zugeführt werden, auch Injektionen sind tagsüber nicht erlaubt.

Angehörige müssen Risiken kennen

Das gilt allerdings nicht im Notfall: "Sobald Menschen mit Diabetes verwirrt wirken, Kreislaufprobleme auftreten oder sie gar umkippen, sollten sie unverzüglich Wasser trinken", mahnt Sultan.

Besonders eine Unterzuckerung kann Ursache eines solchen Zusammenbruchs sein. Patienten und vor allem auch ihre Angehörigen sollten die Symptome einer sich anbahnenden Hypoglykämie unbedingt kennen: Schwitzen, Zittern oder Herzklopfen. Betroffene müssen sofort Traubenzucker essen, Cola oder Fruchtsaft trinken, sagt der Diabetologe. Das Fasten muss dann unterbrochen werden.

"Häufig beobachten wir in der Praxis, dass sich die Blutzuckerwerte von Menschen, die fasten, verschlechtern", so Sultan. Oft essen die Patienten nach Sonnenuntergang üppiger als zur restlichen Zeit des Jahres. "Weder zu süß noch zu fettig sollten die Speisen sein, um Blutzuckerschwankungen zu verhindern", so der Diabetologe.

Fladenbrot, Haferflocken und Reis mit Bohnen eignen sich zu dieser Phase besonders gut. "Solche stärkehaltigen Kohlenhydrate halten den Blutzuckerspiegel stabil". Um Unterzuckerungen zu vermeiden, rät der Experte, zudem öfter als üblich den Blutzucker zu messen. Als Faustregel gilt: Ist der Blutzuckerwert niedriger als 59 mg/dl oder höher als 288 mg/dl, muss sofort aufgehört werden zu fasten.

Patienten sollte zudem eingeschärft werden, dass sie abends, beim täglichen Fastenbrechen ausreichend Wasser oder auch ungesüßten Tee trinken. So verhindert man, dass der Körper austrocknet.

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Kommentare
Wolfgang P. Bayerl 10.06.201608:30 Uhr

nun ja, als Arzt darf man auch die positive Seite (ohne Insulin) nicht vergessen.

Fasten ist gut gegen Typ II Diabetes,
zumal das ja nur für den Tag gilt, nach Sonnenuntergang darf ja wieder gefuttert werden.
Aber bereits große Nahrungspausen senken schon den Insulinspiegel.

Anpassung der Insulindosierung gilt auch für den Sport. Der gute Arzt wird den Sport nicht verbieten.

Dr. Henning Fischer 08.06.201612:47 Uhr

@ Dr. Schätzler: Religionsfreiheit gibt es natürlich auch in der Medizin


als Arzt muß ich aber nicht alles mitmachen, wenn es gegen meine Überzeugung geht.

Und das könnte hier durchaus zutreffen.

Dr. Thomas Georg Schätzler 08.06.201612:21 Uhr

In der Print-Ausgabe der ÄrzteZeitung von heute heißt es im Titel...

"Im Ramadan ist bei Diabetikern die Therapie anzupassen". Wäre es nicht vernünftiger und angesichts der weltweit problematischen Typ-2-Diabetes Verbreitung nicht wesentlich effektiver, wenn sich eher der Ramadan dieser Krankheit anpassen müsste und nicht umgekehrt diese Erkrankung sich dem Ramadan unterordnen sollte?

Insbesondere beim insulinpflichtigen Diabetes mellitus werden durch die strenge Einhaltung der Ramadan-Regeln bei Typ-1- und Typ-2-Diabetes die Zuckerbilanz destabilisiert, Hyper- und Hypoglykämien bzw. Hypovolämie provoziert und sekundäre Stoffwechselentgleisung bzw. Organschädigungen evoziert.

Die Zeiten, dass wir Ärztinnen und Ärzte uns wegen religiöser Vorbehalte verbiegen, verbeugen oder anpassen müssen, sollten im Zeitalter der Aufklärung längst vorbei sein. Wir betreiben ja auch keine "Teufelsaustreibungen" z. B. speziell bei psychisch Kranken mehr.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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