Unterschätzt, unterdiagnostiziert und untertherapiert - die PAVK

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) führt zu einer um zehn Jahre verkürzten Lebenserwartung und zu jährlich mehr als 45 000 Amputationen in Deutschland. Jeder fünfte Hausarzt-Patient über 65 Jahren leidet an einer PAVK, bei den über 80-Jährigen ist es sogar mehr als jeder dritte. Insgesamt gibt es über vier Millionen Menschen in Deutschland mit Gefäßverengungen in den Becken-Bein-Arterien, wird geschätzt. Doch nur bei etwa jedem dritten ist die Krankheit diagnostiziert.

Veröffentlicht:

"Die PAVK ist maximal unterschätzt, maximal unterdiagnostiziert, und die Patienten sind maximal untertherapiert", sagt Professor Curt Diehm, Chefarzt am SRH-Klinikum Karlsbad-Langensteinbach und Vorsitzender der Gefäßliga. Es werde Zeit, diese Krankheit ernster zu nehmen.

In einer eigenen großen Studie zur Prävalenz der PAVK ("getABI - German epidemiological trial on Ankle Brachial Index, ABI"), die 2001 begann, wurden 6880 zufällig ausgewählte Patienten über 65 Jahren in 344 Hausarztpraxen untersucht.

Ein ABI unter 0,9 gilt als klarer Hinweis auf eine PAVK

Die Ärzte waren für die Studie von Angiologen angeleitet worden, Doppler-gestützt beidseitig den Knöchel-Arm-Index (Ankle-Brachial-Index, ABI) zu bestimmen. Verwendet wurden der niedrigere der Knöcheldrücke und der höhere der Armdrücke. Ein ABI unter 0,9 gilt als klarer Hinweis auf PAVK, auch wenn klinische Symptome fehlen. In der Eingangsuntersuchung hatten 21 Prozent der Patienten einen ABI unter 0,9, also eine manifeste PAVK. Doch nur bei jedem dritten Betroffenen war das vorher bekannt gewesen.

Die Sterberate der Patienten mit PAVK war schon im ersten Studienjahr dreimal höher als bei Patienten ohne PAVK. Innerhalb von fünf Jahren sind 9,4 Prozent der Patienten mit einem ABI von 0,9 und höher gestorben. Bei Patienten, die schon zu Studienbeginn eine symptomatische PAVK hatten, war die Sterberate dagegen mit 24 Prozent deutlich erhöht.

Und auch von Patienten mit einer zunächst asymptomatischen PAVK starben in fünf Jahren immerhin 19 Prozent. Die Fünfjahresprognose war unabhängig von Symptomen um so schlechter, je niedriger der anfangs ermittelte ABI war. "Die Patienten ohne Schmerzen haben also ein ebenso hohes Sterberisiko wie Patienten mit Symptomen. Das ist die große Gefahr", kommentiert Diehm. Grund für die hohe Sterberate sei, dass das gesamte Gefäßsystem bei PAVK wesentlich stärker geschädigt sei als etwa bei Herzkranken.

Fast 70 Prozent der Patienten sterben an einem Herzinfarkt. Fünf bis zehn Prozent bekommen einen Schlaganfall oder andere vaskuläre Komplikationen. Die PAVK ist also eine wichtige Markererkrankung für eine generalisierte Atherosklerose mit einem erhöhten Sterberisiko und für schwere kardiovaskuläre Ereignisse. Noch immer gingen viele Kollegen davon aus, dass 80 Prozent der PAVK-Patienten eine Claudicatio intermittens haben. Schließlich gelten immer wiederkehrende Beinschmerzen, die zu häufigem Stehenbleiben zwingen, als das typische Zeichen für diese, deshalb auch "Schaufensterkrankheit" genannte Erkrankung.

Jeder achte Patient mit pAVK hat keine Symptome

Doch das stimmt nicht. Oft kann wegen orthopädischer Einschränkungen gar keine Belastung mehr erreicht werden, die eine Claudicatio intermittens hervorruft. Außerdem können teils unbestimmte Symptome wie Ermüdbarkeit der Beine, Kältegefühl in den Zehen, Hautverfärbungen, der Verlust der Beinhaare, Ruheschmerzen oder nicht heilende Wunden auf eine Verschlusskrankheit deuten. In der getABI-Studie zeigte sich, dass die pAVK bei 12 Prozent der Patienten sogar ganz asymptomatisch war.(ug)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Da bewegt sich was – Periphere Durchblutungsstörungen und innovative Stents

© [M] Springer Medizin Verlag GmbH | privat | privat

„ÄrzteTag extra“-Podcast

Da bewegt sich was – Periphere Durchblutungsstörungen und innovative Stents

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Abbott GmbH, Wiesbaden
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Metaanalyse

Subjektive Krankheitsbelastung bei Krebs prognostisch relevant

Risikofaktoren identifiziert

Für wen könnten Harnwegsinfekte gefährlich werden?

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Eine junge Frau fasst sich an ihren schmerzenden Ellenbogen.

© Rabizo Anatolii / stock.adobe.com

Laterale Ellbogenschmerzen

Diese sechs Kriterien sprechen gegen einen „Tennisarm“

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an