Vaginal-Ultraschall: Gynäkologe widerspricht DIMDI

Der vaginale Ultraschall zur Früherkennung von Krebs? Bringt Patientinnen nichts, meint das DIMDI. Für die Praxis nicht zu empfehlen, sagen Leitlinien-Experten. Die Frauenärzte sehen das anders - und warnen vor pauschaler Kritik.

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Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte

Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte

© Berufsverband der Frauenärzte

MÜNCHEN (hub). "Jede Frau, die mit Verdacht auf einen gynäkologischen Tumor in der Klinik landet, wird erst mal per vaginalem Ultraschall untersucht", so Dr. Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF).

Was in der Klinik richtig sei, könne in der Praxis doch nicht falsch sein, so Albring im Hinblick auf die Stellungnahme des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), das für das Screening auf Ovarial-Ca mit vaginalem Ultraschall (VUS) keine Evidenzen gefunden hatte).

Drei Gruppen ist VUS anzuraten

Drei Gruppen nannte Albring, bei denen ein VUS dringend anzuraten ist: "Alle Frauen mit Hormonersatztherapie in den Wechseljahren sollten einmal im Jahr geschallt werden." Und Frauen, die zur Brustkrebstherapie Tamoxifen erhalten, müssten ebenfalls regelmäßig per VUS untersucht werden.

Das Antiöstrogen könne blasige Veränderungen an der Gebärmutterschleimhaut verursachen. "Unter Tamoxifen-Therapie ist der VUS kein IGeL, sondern GKV-Leistung", betont Albring im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Übergewichti Frauen können davon profitieren

Als dritte Gruppe für die vaginale Sonografie nennt Albring übergewichtige Frauen. "Was mache ich denn bei Frauen, die dick sind", fragt der Gynäkologe.

"Da taste ich gar nichts - nicht mal Ovarialtumore von fünf Zentimetern Durchmesser, wenn sich die Eierstöcke hinter der Gebärmutter befinden, da die Frauen auf dem Rücken liegen. So lange Finger hat kein Arzt."

Viele Frauen verspannen sich bei der Tastuntersuchung

Viele Frauen würden sich bei der Tastuntersuchung zudem verspannen. Auch da sei der vaginale Ultraschall hilfreich. "Und der VUS ist geeignet um die Patientinnen zu beruhigen", ergänzt der niedergelassene Gynäkologe aus München.

Oft fragten die Frauen selbst nach, etwa jene, die Zysten in der Anamnese hatten. Diese Frauen zahlen die Untersuchung auch selbst, um Sicherheit zu haben.

Albring weist DIMDI-Beurteilung zurück

Eine Interpretation des DIMDI-Berichts in der Art, dass VUS nicht geeignet sei um Krankheiten festzustellen, weist Albring deutlich zurück. Vielleicht sei die Sonografie nicht geeignet, um auf Ovarialkrebs zu screenen. Aber sie ist geeignet um die Vorstufen festzustellen.

"Wir haben harte Kriterien, wir können mit VUS Veränderungen finden, die dann zum Endometrium-Ca führen. Das ist nachgewiesen", so Albring. Das seien die Erfahrungen von Gynäkologen und in die Evidenz solle ja auch die Erfahrung mit einfließen.

"Und wenn der Verdachtrial-Ca oder Gebärmutterkörperkrebs besteht, dann propagieren die Leitlininien den vaginalen Ultraschall", so der BVF-Präsident.

Nicht pauschal urteilen

Darum könne man nicht pauschal sagen, der VUS sei nicht geeignet, solche Erkrankungen frühzeitig zu finden. Man könne nur sagen, diese Studien seien nicht ausreichend, um dieses Thema abschließend zu beurteilen.

Zudem stammten die Studien aus der Zeit vor über zehn Jahren. Seitdem habe es auch in der Sonografie deutliche Fortschritte gegeben. "Neuere Studien erfolgen mit modernen Geräten", sagt Albring.

Nur 71 Karzinome bei 250.000 Patientinnen

Bei den relativ seltenen Gebärmutterkörper- oder Ovarial-Karzinomen sei allerdings auch nicht zu erwarten, dass die Mortalität gesenkt wird. Albring verweist auf sechs Studien zum PAP-Screening mit 250.000 Patientinnen, in der nur 71 Karzinome entdeckt wurden.

"Davon Prozentaussagen zu machen ist schwierig." Die Studien seien zumindest imstande, eines zu sagen: "Man findet frühere Stufen."

Bei VUS gehe es darum, Vorstufen von Krebs zu finden

Auch das Mammografiescreening werde Brustkrebs nicht ausrotten, aber frühere Stufen finden. Bei VUS gehe es wie bei der Krebsvorsorge mittels PAP-Abstrich darum, auch Vorstufen zu finden.

Ansonsten ist die Position BVF zu IGeL klar, so dessen Präsident: "IGeL nur anbieten, wenn der Arzt wirklich überzeugt ist, das Richtige zu tun. Und nur, wenn der Arzt das auch bei sich selbst machen würde."

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