Viren können offenbar den Beginn einer Multiplen Sklerose triggern

Vieles spricht für Epstein-Barr-Viren als Kofaktoren bei MS: Einem ersten Krankheitsschub geht oft eine Aktivierung der Viren voraus.

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Für virale Infektionen als Trigger von MS-Erkrankungen gibt es zahlreiche Hinweise. Daran hat Professor Bernhard Hemmer vom Klinikum rechts der Isar in München erinnert. So gab es auf den Färöer-Inseln vor 1940 praktisch keine MS-Erkrankungen, sagte Hemmer auf dem Neurologen-Kongress in Hamburg.

Erst, nachdem britische Soldaten im Zweiten Weltkrieg auf den Inseln gelandet waren, sei MS dort "eingeschleppt" worden. Krankheiten wie Borreliose, HIV, Masern oder Mumps konnten jedoch als Kofaktoren für eine MS ausgeschlossen werden - MS-Kranke waren davon nicht häufiger betroffen als Gesunde. Eine wichtige Beobachtung sei, dass etwa 85 Prozent der Kinder mit MS auch EBV infiziert sind, dagegen nur etwa die Hälfte der gesunden Kinder.

Der Unterschied bei Erwachsenen ist dagegen nicht mehr so deutlich, da sich die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens mit EBV infizieren, jedoch seien praktisch alle MS-Kranken EBV-positiv (99 Prozent), bei den Gesunden ist der Anteil mit 92 Prozent etwas geringer.

Umgekehrt gilt: Wer nicht EBV-infiziert ist, hat nur ein äußerst geringes Erkrankungsrisiko. Diese ist um den Faktor 20 geringer als bei EBV-positiven Menschen, so Hemmer. Für EBV als wichtigen Faktor bei der MS-Entstehung spreche zudem, dass MS-Patienten eine erhöhte Antikörper-Aktivität gegen das Virus aufweisen. In retrospektiven Analysen von Serumproben konnte gezeigt werden, dass dieser Anstieg schon weit vor dem ersten MS-Schub stattfindet. Zudem scheint nach diesen Daten das Risiko für einen MS-Ausbruch um so höher, je höher der Antikörper-Titer gegen EBV ist.

Auf welche Weise EBV eine MS triggern können, ist jedoch noch unklar. Die Viren infizieren B-Lymphozyten und persistieren in Gedächtniszellen. Dort werden sie wieder aktiv, wenn sich die Gedächtniszellen an einer Immunantwort beteiligen. Es gebe Hinweise, dass EBV auch in Gliazellen eindringen.

Befunde einer italienischen Gruppe, dass praktisch alle B-Lymphozyten in MS-Läsionen EBV-infiziert seien, ließen sich jedoch von anderen Arbeitsgruppen nicht bestätigen, sagte Hemmer. Diskutiert wird, dass EBV bei genetisch empfindlichen Menschen zu immunologischen Kreuzreaktionen mit Myelin führt, oder dass die Viren autoreaktive B-Zellen außer Kontrolle geraten lassen.

Die beste Möglichkeit, die Bedeutung von EBV bei MS zu prüfen, wäre ein Impfstoff, so Hemmer. Eine Vakzine wird derzeit entwickelt - gegen EBV-induzierten Lymphknotenkrebs bei Immungeschwächten. (mut)

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