Infektionskrankheit

Wie Trypanosomen das Immunsystem austricksen

Forscher haben jetzt einen Trick entschlüsselt, mit dem sich Erreger der Schlafkrankheit vor dem Immunsystem verstecken.

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Immunsystem in Aktion: Bei der Schlafkrankheit gelingt es den Erregern hingegen bisher, der Abwehr zu entkommen.

Immunsystem in Aktion: Bei der Schlafkrankheit gelingt es den Erregern hingegen bisher, der Abwehr zu entkommen.

© Sebastian Kaulitzki / stock.adobe.com

BRAUNSCHWEIG. Trypanosomen, die Auslöser der Afrikanischen Schlafkrankheit, tricksen die Immunabwehr ihres Wirts aus, indem sie ihre Oberfläche immer wieder verändern. Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg, hat nun das komplette Genom des Parasiten sequenziert und wichtige Aspekte seiner molekularen Strategie aufgeklärt (Nature, online 17. Oktober), heißt es in einer Mitteilung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung.

Professor Nicolai Siegel und sein Team von der LMU München, erforschen am Beispiel der Trypanosomen den ständigen Wettkampf, in dem Parasiten und ihre Wirte stehen: Das Immunsystem des Wirts bekämpft den Parasiten, der wiederum Strategien gegen diese Abwehr entwickelt. Trypanosomen etwa verändern ständig ihre Oberfläche, um vom Immunsystem des Wirts nicht erkannt zu werden.

DNA-Verpackungsproteine im Fokus

Die Wissenschaftler haben nun in Kooperation mit Kollegen der Universität Würzburg, der Universität Köln, des HIRI in Würzburg sowie Forschern in den USA, Großbritannien und Israel die genetischen Mechanismen dieser Abwehr untersucht. Sie konnten nachweisen, dass bestimmte DNA-Verpackungsproteine die Struktur der Erbsubstanz des Parasiten beeinflussen. Trypanosomen kommen in verschiedenen Wirbeltieren vor und werden meist von Insekten übertragen. In Säugetieren leben sie vor allem im Blut ihres Wirts.

Das Genom der untersuchten Art Trypanosoma brucei kodiert für etwa 2000 unterschiedliche Varianten seines Oberflächenproteins, wobei nur eine Variante gleichzeitig pro Zelle produziert wird. Da die Immunantwort des Wirts sich immer gegen eine konkrete Variante des Oberflächenproteins richtet, entkommt der Parasit der Immunantwort, indem er das Gen für ein bestimmtes Protein ab- und stattdessen ein anderes anschaltet.

Da es einige Zeit dauert, bis die Immunzellen des Wirts das neue Oberflächenprotein als fremd erkennen, erreichen Trypanosomen so eine dauerhafte Infektion.

Das Erbgut liegt ja bekanntlich im Zellkern als eng verpackter DNA-Protein-Komplex vor, der als Chromatin bezeichnet wird. Um zu untersuchen, wann welches Gen aktiviert wird, haben die Wissenschaftler erstmals das komplette Genom von T. brucei sequenziert und die dreidimensionale Anordnung der DNA aufgeklärt.

Mithilfe eines von Dr. Emmanuel Saliba, HIRI entwickelten Verfahrens zur Einzelzellanalyse des Parasiten konnten sie zeigen, dass der Wechsel zwischen verschiedenen Oberflächenproteinen verstärkt wird, wenn zwei bestimmte Varianten von DNA-Verpackungsproteinen entfernt werden. Diese Varianten befinden sich im Chromatin an denselben Stellen, an denen auch die Gene sitzen, die für die Oberflächenproteine kodieren. Durch die Entfernung dieser Varianten verändert sich zum einen die dreidimensionale Struktur der DNA, und zum anderen lockert sich an den entsprechenden Stellen die ansonsten dicht gepackte DNA, sodass neue Gene zugänglich werden.

Malaria mit ähnlicher Strategie

Beide Effekte gemeinsam ermöglichen neue Interaktionen innerhalb der DNA, sodass andere Gene aktiviert werden. "Entscheidend ist dabei, dass wir beide Proteinvarianten entfernt haben", wird Siegel in der Mitteilung zitiert. "Fehlt nur eine, ändert sich zwar die dreidimensionale Struktur der DNA, aber es kommt nicht zu einem Switch der Oberflächenproteine."

Saliba fügt an: "Zum ersten Mal konnten wir das Transkriptom eines einzelnen Trypanosoma-Parasiten sequenzieren und die einzigartige Oberflächenstruktur jedes einzelnen Krankheitserregers entschlüsseln." Ein besseres Verständnis dieser Abwehrmechanismen ist auch für die Erforschung anderer Krankheiten wichtig, denn zahlreiche Pathogene haben ähnliche Strategien entwickelt, etwa die Malaria-Erreger, Candida-Pilze und viele Bakterien. (eb)

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