Notfall-Patienten

Corona-Pandemie bremst die Rettungskette in Bremen

Die Hilfsfristen in Bremen sind im Vorjahr auf neun Minuten gestiegen. Grund sind auch Umwege, die Rettungswagen wegen überlasteter Krankenhäuser nehmen mussten. Wie in Notfällen schneller geholfen werden kann.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes fährt in einer Stadt im Verkehr.

Schnell unterwegs und doch durch die Umstände der Pandemie gebremst: Rettungswagen brauchen in Bremen länger als früher zum Einsatzort.

© Mathias Ernert / Deutsches Rotes Kreuz

Bremen. Während der Pandemie brauchten die Bremer Rettungswagen länger, um zu ihren Notfall-Patienten zu kommen als vorher. Das geht aus Zahlen der Bremer Innenbehörde hervor. Rund 76.000 Mal rückten die Rettungswagen im Jahr 2019 aus, im Vorjahr waren es etwa 73.500 Mal. 2019 beliefen sich die Dispositionszeit, die Ausrück- und Anfahrtszeit auf zusammen durchschnittlich 8,17 Minuten. Dieser Wert stieg im vergangenen Jahr auf 8,48 Minuten und im laufenden Jahr bisher auf durchschnittlich neun Minuten. 2019 betrug der sogenannte Hilfsfristerreichungsgrad 91 Prozent.

Hilfsfristen sind nicht vergleichbar

„Für die Jahre 2020 und 2021 ist die durchschnittliche Dauer zwischen Eröffnung und Eintreffen aufgrund der Pandemie anders zu bewerten“, teilt die Innenbehörde auf Anfrage mit. „Zum Teil waren die Anfahrtswege der Rettungsfahrzeuge länger, weil beispielsweise Krankenhäuser zwischenzeitlich ausgelastet waren und andere Krankenhäuser angefahren werden mussten, die weiter weg lagen. Die Pandemie erfordert zusätzliche Vorbereitungen: Zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske kommen noch weitere Infektionsschutzmaßnahmen und eine aufwändige Fahrzeugdesinfektion hinzu.“

So sei denn auch der Hilfsfristerreichungsgrad in der Pandemie „nicht vergleichbar“, hieß es. Es sei unseriös, den Hilfsfristerreichungsgrad während der Pandemie zum Kriterium zu machen, argumentiert die Innenbehörde. Deshalb wertet sie diese Plangröße zur Zeit nicht aus. Mit den neun Minuten im Jahr 2021 liegt Bremen genau im bundesdeutschen Schnitt, kommentiert Marco König, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Rettungsdienst und präklinische Notfallmedizin (DGRN), die Bremer Zahlen. Er hätte noch längere Zeiten erwartet, wie er sagt.

9

Minuten

benötigen Rettungswagen in Bremen im laufenden Jahr von der Alarmierung bis zum Eintreffen am Bestimmungsort. Damit wird die gesetzliche Hilfsfrist von zehn Minuten unterschritten.

Indessen könnten sich die Rettungswagen in Bremen rein rechtlich sogar noch mehr Zeit lassen. Im kleinsten Bundesland ist eine Eintreffzeit von höchstens zehn Minuten vorgeschrieben. Trotzdem sei für eine Stadt wie Bremen der Wert von neun Minuten nicht besonders gut, sagt König der „Ärzte Zeitung“. Es bestehe bei den Zeiten deshalb noch „Luft nach oben“.

Andere Kommunen drücken noch mehr aufs Gas. „In Gütersloh oder Freiburg haben sie Gesundheitsberufler wie Krankenschwestern oder Sanitäter mit einer Ersthelfer-App ausgestattet“, berichtet König. Sie werden GPS-basiert über einen Notfall in der Nähe ihres Aufenthaltsortes benachrichtigt und können den Patienten mitunter rascher reanimieren als der herbeigerufene Rettungswagen. Andere Kommunen statten Polizeiwagen mit Defibrillatoren aus oder schicken die gegebenenfalls näher liegende Feuerwehr zum Notfall.

Einsatz von Apps wird geprüft

Auch in Bremen werde derzeit die Einbindung von Ersthelfer-Apps zur Verkürzung der therapiefreien Intervalle geprüft, teilt die Innenbehörde mit. Dass eine Reduktion der Rettungszeiten möglich ist, zeige ein Beispiel aus den USA, berichtet König. „In Seattle und Umkreis nimmt man für sich in Anspruch, den weltweit schnellsten Rettungsdienst zu haben. Dort sind die Ersthelfer nach spätestens fünf Minuten beim Patienten.“

Mehr zum Thema

Probleme mit Keimen

Kritik an Bremer Klinikum wegen Reinigungsmängeln

Statusfeststellungsverfahren

Poolärzte: Rentenversicherung soll Bremer Modell prüfen

Das könnte Sie auch interessieren
Muskeltonus wieder ins Gleichgewicht bringen

© mantinov / stock.adobe.com

Muskulär bedingte Schmerzen

Muskeltonus wieder ins Gleichgewicht bringen

Den Schmerz an der Wurzel packen

© [M] pololia / stock.adobe.com | Mara Zemgaliete / stock.adobe.com

Muskelverspannung

Den Schmerz an der Wurzel packen

Einsatz von Pridinol bei muskulär bedingtem Rückenschmerz

Experten-Workshop

Einsatz von Pridinol bei muskulär bedingtem Rückenschmerz

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert