Unterstützung von Hausärzten

Erstes Physician Assistant-Studium startet

Anfang Oktober startet in Köthen das bundesweit erste hausärztlich ausgerichtete Physician Assistant-Studium an einer staatlichen Hochschule.

Petra Zieler Veröffentlicht:
Physician Assistants können mit der Übernahme delegierbarer Aufgaben Vertragsärzte entlasten.

Physician Assistants können mit der Übernahme delegierbarer Aufgaben Vertragsärzte entlasten.

© Peter Atkins / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

Köthen. Vor gut einem Jahr wurde an der Hochschule Anhalt die Idee geboren, ein Physician-Assistant-Studium zu etablieren. „Als wir begonnen haben, uns damit zu beschäftigen, ist schnell klar geworden, dass der Bedarf im ambulanten Bereich, explizit im hausärztlichen, mindestens genauso hoch ist wie im stationären“, so Professor Jörg Bogdahn, Präsident der Hochschule.

Doch anders als in Kliniken gibt es in Vertragsarztpraxen kaum Physician-Assistants (PA). Bogdahn: „Wir haben uns auf den Weg gemacht, das zu ändern, haben Strukturen aufgestellt, Partner gefunden.“ Dazu gehören der Medizinwissenschaftler Professor Thomas Karbe, wissenschaftlicher Leiter des neuen berufsbegleitender Studiengangs und erfahrener PA-Ausbilder genauso wie Hausärzteverband und Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalts (KVSA).

Entlastung für Vertragsärzte

In beiden Gremien ist die Idee auf fruchtbaren Boden gestoßen. „Bereits heute sind landesweit etwa 140 Hausarztpraxen unbesetzt. Jeder sechste Hausarzt ist älter als 65 Jahre. Aktuellen Berechnungen zufolge werden uns 2032 mehr als 260 Allgemeinmediziner fehlen. Wir brauchen neben Nachwuchs qualifizierte Unterstützung in den Arztpraxen“, so KVSA Chef Dr. Burkhard John. Der Allgemeinmediziner ist sicher, dass PA mit der Übernahme delegierbarer Aufgaben Vertragsärzte spürbar entlasten können. Für medizinische Fachangestellte, die sich bereits zur VERAH qualifiziert haben, sei das Bachelor-Studium zugleich ein attraktives Angebot, das Karrierechancen erweitert und selbstständigeres Arbeiten ermöglicht.

Dr. Henrik Straub vom Landeshausärzteverband sieht im umfassend und komplex ausgebildeten PA einen weiteren Akteur einer gewohnt guten Patientenversorgung. „Aufgrund ausgeprägter Nachwuchssorgen bei uns ,Landärzten‘, die auch die Ausbildung über die schmale Landarztquote bei den Medizinstudierenden nicht entscheidend lindern kann, ist die kompetente, qualitätsgerechte Unterstützung der hier (noch) tätigen Ärzte über den ,VERAH-Standard‘ hinaus anzustreben.

Nach Anweisung des Haus- oder Facharztes könnten PA Patienten in kleineren Nebenbetriebsstätten und per Hausbesuch mitbetreuen und insbesondere bei chronisch Kranken dem delegierbare Arbeiten mit und am Patienten erledigen.“ Der Hausärzteverband will der Hochschule erfahrene Haus- und Fachärzte als Dozenten vermitteln und die praktische Ausbildung in den Arztpraxen absichern helfen.

Studium mit sieben Semestern

Obwohl der Schwerpunkt des Studiengangs in Köthen auf hausärztlicher Medizin liegt, ist der KVSA-Chef überzeugt, dass auch andere Facharztgruppen profitieren könnten. Insbesondere große Praxen mit radiologischen, orthopädischen, chirurgischen Angeboten und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sowieso.

An der Hochschule Anhalt sind aktuell 7500 Studierende eingeschrieben, 1500 von ihnen lernen berufsbegleitend. Die zunächst mehr auf technische Berufe ausgerichtete Hochschule hat ihren Fokus in den zurückliegenden Jahren zunehmend auf Gesundheit und Heilkunde ausgedehnt. So werden Studiengänge Pharmazie- und Biomedizintechnik, Biotechnologie oder Ernährungstherapie immer stärker nachgefragt. Gemeinsam mit der Fraunhofer Gesellschaft wird gegenwärtig ein Forschungslabor für die Gewinnung von pharmazeutischen Wirkstoffen aufgebaut.

Das Studium umfasst sieben Semester und setzt neben einigen Präsenzphasen auf Online-Vorlesungen und Selbststudium. „Vorlesungen und Seminare im sechsten Semester werden vorwiegend von Vertragsärzten, vornehmlich Allgemeinmedizinern, geleitet“, erläutert Thomas Karbe. Der erste PA-Studiengang an der Hochschule Anhalt soll mit maximal 30 Teilnehmern an den Start gehen. Erste Interessenten haben eine Zusage bereits erhalten. Anmeldungen sind noch bis zum 15. September 2020 möglich.

Zugangsvoraussetzungen für Bewerber mit Realschulabschluss sind eine dreijährige fachspezifische Berufsausbildung sowie dreijährige Berufserfahrung. Mit Hochschulreife ist die Berufsausbildung auch Pflicht, die Berufserfahrung wünschenswert. Das Studium kostet 500 Euro pro Monat, kann in Sachsen-Anhalt aber von der Investitionsbank gefördert werden.

Weitere Infos gibt es auf der Webseite der Hochschule

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