Gesundheitskongress des Westens

Heckens Kompromiss: GBA macht Vorgaben, Länder behalten Planungshoheit

Die Krankenhausplanung ist ein ewiger Zankapfel zwischen Ländern und dem Bundesausschuss. GBA-Chef Hecken lanciert beim Gesundheitskongress des Westens eine Kompromissformel.

Von Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
„Ich interessiere mich ein bisschen für die Krankenhausplanung“: GBA-Chef Professor Josef Hecken.

„Ich interessiere mich ein bisschen für die Krankenhausplanung“: GBA-Chef Professor Josef Hecken.

© (c) WISO/Schmidt-Dominé

Köln. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) könnte nach Meinung des Unparteiischen Vorsitzenden Professor Josef Hecken künftig eine wichtige Rolle bei der Krankenhausplanung spielen, ohne diese Aufgabe den Ländern aus der Hand zu nehmen. Beim „Gesundheitskongress des Westens 2021“ schlug er einen „Mittelweg“ vor: „Wir machen bundesweit Vorgaben, die dann von den Ländern ausgefüllt werden können.“

Hecken reagierte damit auf Äußerungen von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, ebenso wie Hecken CDU-Mitglied. Er hatte bei der Eröffnung des Kongresses mit Blick auf den künftigen Landeskrankenhausplan gesagt: „Wenn der scheitert, ist die Zeit der Landes-Krankenhausplanung vorbei, dann wird der GBA das an sich ziehen.“

„Wehret den Anfängen!“

Unter Verweis auf das, was der Ausschuss in der Notfallversorgung „angerichtet“ habe, hatte Laumann gewarnt: „Wehret den Anfängen!“ Hecken zeigte sich davon eher unbeeindruckt. „Im Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen sind eine ganze Reihe von Strukturvorgaben, die der von Karl-Josef so verdammte GBA festgelegt hat.“ Er nannte die gestufte Notfallversorgung, Wegezeiten, Sicherstellungshäuser und Zentrumszuschläge. „Man muss die Worte des Ministers und das, was im Plan steht, deutlich auseinanderhalten.“

Laumann sei wie er selbst der Überzeugung, dass nicht jedes Krankenhaus alles machen kann und soll. Hecken plädiert dafür, die Krankenhausstrukturen zielgerichtet zu verändern: Häuser der Grund- und Regelversorgung müssen eine auskömmliche pauschale Vergütung erhalten, damit sie nicht mit elektiven Leistungen in die Menge gehen müssen.

Gefahr der kalten Marktbereinigung

Komplexe Leistungen müssen nach seiner Vorstellung mengenmäßig beplant und auf bestimmte Häuser fokussiert werden. „Das führt zu einer Qualitätserhöhung und führt zu einer wirtschaftlichen Leistungserbringung“, glaubt er. Zudem biete das die Chance, die immer knapper werdende Ressource Personal zielgerichteter einzusetzen. „Das treibt mich um, und deshalb interessiere ich mich ein bisschen für Krankenhausplanung, obwohl die Befugnis für Krankenhausplanung gesetzlich bei den Ländern liegt“, erläuterte Hecken.

Die Länder wollten zwar planen, machten sich bei der Investitionsfinanzierung aber einen schlanken Fuß, kritisierte er. Das führe letztlich zu einer kalten, ungeplanten Strukturbereinigung. Krankenhäuser, die dringend gebraucht werden, würden schließen. „Das kann nicht sein.“ Für Hecken ist die Krankenhausplanung „eine der zentralen Fragestellungen der Zukunft“. Der GBA habe in den vergangenen sechs Jahren mehrere Aufträge bekommen mit dem Ziel, ein Weiterlaufen der kalten Strukturbereinigung zu verhindern. „Man hat erkannt, dass die Länder offensichtlich die Chancen, die sie haben, nicht adäquat nutzen“, sagte er.

Gestufte Notfallversorgung

Ein Auftrag sei die Entwicklung eines Systems der gestuften Notfallversorgung gewesen. „Es ist originäre Aufgabe eines Krankenhausplans, so etwas festzulegen.“ Das sei aber nicht erfolgt. So hätten 500 Kliniken an der Notfallversorgung teilgenommen, ohne auch nur ein einziges Intensivbett zu haben. Als weitere Beispiele nannte Hecken Sicherstellungszuschläge und Mindestmengen. „Insofern haben wir schon einen wichtigen Teil der Krankenhausplanung in unserem Aufgabenportfolio.“

In anderen Bereichen muss der oft heftig kritisierte GBA nach Ansicht von Hecken in die Bresche springen, weil die Politik Entscheidungen scheut. Er verwies auf die nicht-invasive Perinataldiagnostik. „Hier hat sich der Gesetzgeber über Jahre vor einer ethischen Grundentscheidung gedrückt und hat gesagt: Das können die vom GBA machen.“ Für die Politik sei das der bequemere Weg. Sie mache sich selbst nicht die Hände schmutzig, könne den GBA aber nach einer Entscheidung zum Buhmann machen.

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