Kreuzverhör zur bayerischen Corona-Panne

SPD-Kritik: „Die Sommerferien kamen nicht überraschend“

Eine Rücktrittserklärung gab es nicht: Stattdessen entschuldigte sich Gesundheitsministerin Huml für das bayerische Corona-Test-Chaos – und verteidigte das Vorgehen der Staatsregierung. Die Opposition übte scharfte Kritik.

Von Birgit Fenzel Veröffentlicht:
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) steht bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses zur Corona-Testpanne an bayerischen Autobahnen Rede und Antwort.

Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) steht bei einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses zur Corona-Testpanne an bayerischen Autobahnen Rede und Antwort.

© Peter Kneffel / dpa

München. Eine Rücktrittserklärung würde es von ihr nicht geben. Das machte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) schon zu Beginn ihres Auftritts vor dem Gesundheitsausschuss deutlich, der am Mittwochmittag zwecks Aufklärung der Übermittlungspannen bei den Testergebnissen an den bayerischen Autobahnen zu einer außerplanmäßigen Sondersitzung zusammengekommen war. Stattdessen gab es eine Entschuldigung.

Während der Start- und Übergangsphase sei es „leider zu erheblichen Wartezeiten und auch Pannen bei der Ermittlung der Testergebnisse“ gekommen, räumte sie die Versäumnisse ein. Für diese entschuldigte sie sich, verteidigte das Vorgehen der Staatsregierung bei der Testung der Urlaubsrückkehrer und distanzierte sich deutlich gegenüber Vorwürfen, dass sie die Situation heruntergespielt oder sich sonstige Versäumnisse zuschulden habe kommen lassen. „Ich will und habe das nicht schön geredet,“ stellte Huml zu Beginn der rund zweistündigen Fragerunde ihre Position klar.

Die Opposition überzeugte das nicht. Unter anderem der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Horst Arnold, bohrte beim zeitlichen Ablauf der Krisenkommunikation nach. Nach seinen Informationen habe Huml schon am Montag, 10. August, davon gewusst, dass es bei der Übermittlung der Testergebnisse Rückstände gab.

Söder erst am Mittwoch informiert

Dazu sagte Huml hörbar angesäuert, dass tatsächlich an diesem Tag das Ministerbüro durch den Dienstleister von Rückständen erfahren habe. Da es sich bei dieser Mail jedoch um eine ganz gewöhnliche Statusinformation gehandelt habe, die nicht als Alarmsignal gekennzeichnet gewesen sei, habe niemand daraus akuten Handlungsbedarf erkannt.

Auch sei darin schon die Problemlösung angekündigt worden: eine Software, mit der man bis zum Dienstagabend dieses Problem beheben könne. Als sie am Mittwoch erfahren habe, dass diese doch nicht funktioniert habe und ihr zugleich die Dimensionen der Rückstände klar geworden seien, sei die Öffentlichkeit sofort informiert worden. Zusätzlich betonte sie, dass erst zu diesem Zeitpunkt am Mittwochmorgen der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) über das Problem informiert worden sei.

Teststationen hätten frühzeitiger geplant werden können

Auch den Vorwurf, dass die Staatsregierung zu spät gehandelt habe, wollte sie nicht auf sich sitzen lassen. „Wir haben unsere Strategie auf die Reiserückkehrer aus Bayern ausgerichtet“, sagte sie mit Blick auf kritische Vorhaltungen aus den Reihen der Opposition. Angesprochen fühlen durfte sich mit dieser Replik vor allem die gesundheitspolitische Sprecherin der Bayern-SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, die in ihrem Beitrag die Frage stellte, warum die Teststationen so übereilt eingerichtet worden seien. „Die Sommerferien kamen nicht überraschend“, so Ruth Waldmann. Damit hätte man ihrer Meinung nach rechnen können.

Derzeit kein Katastrophenfall in Sicht

Ministerpräsident Markus Söder selbst ließ sich zur Fragestunde nicht „herbeizitieren“ wie es Andreas Krahl (Grüne) gern gehabt hätte. Wohl aber kam sein Staatskanzleichef und neuer Corona-Beauftragter Florian Herrmann, der in seiner Stellungnahme ebenfalls das Tempo der Staatsregierung bei der Einrichtung der Teststationen verteidigte. „Zwei, drei, vier Wochen Verzug wären nicht verantwortbar gewesen“, so Herrmann.

Auf Nachfrage äußerte er sich auch zu weiteren Verschärfungsmaßnahmen. Aktuell gebe es nicht den Plan, noch einmal den Katastrophenfall auszurufen, sagte Herrmann.

Einen Personalwechsel gibt es laut Deutscher Presse-Agentur dennoch: Zur Verbesserung des Pandemie-Krisenmanagements wechselt der bisherige Bau- und Verkehrsstaatssekretär Klaus Holetschek (CSU) ab diesem Donnerstag unbefristet ins Gesundheitsministerium.

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