Hamburg

Spahn wirbt für Parteikollegen – und sich selbst

Kurz vor der Bürgerschaftswahl in der Hansestadt sprach der Gesundheitsminister vor Belegärzten – nicht nur über Gesundheitspolitik.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
„Einige in Deutschland sind immer so absolut und hysterisch unterwegs“ : Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei seinem Auftritt in Hamburg.

„Einige in Deutschland sind immer so absolut und hysterisch unterwegs“ : Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei seinem Auftritt in Hamburg.

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Hamburg. Als Gesundheitspolitiker, so vermutet der frühere Hamburger Gesundheitssenator Dr. Dietrich Wersich (CDU), hat man es schwer, beliebt zu sein oder zu werden. Wersich hat seine eigene Erfahrungen gesammelt, gemünzt war die Bemerkung aber als allgemeine Einleitung auf den Gast aus Berlin: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war zu einer Veranstaltung der Facharztklinik Hamburg in die Hansestadt gekommen und nahm das Zuspiel von Wersich später gerne auf – und den vollen Hörsaal für sich ein: „Wer beliebt werden will, sollte Sänger werden.“

Vorher hatte Spahn bei einer Detailregelung aus dem Krankenhausentgeltgesetz für Belegärzte passen müssen.

Die in solchen Fällen übliche Politikerfloskel „Ich nehme das gerne mit“ nahm ihm zu diesem Zeitpunkt aber niemand im Hörsaal übel – obwohl die von Belegärzten gegründete und betriebene Facharztklinik Hamburg zur Veranstaltung geladen hatte, obwohl viele andere Belegärzte gekommen waren und der Minister eigentlich hätte erwarten können, dass das Unverständnis über den gesetzlich geregelten Abschlag für belegärztliche Leistungen groß sein wird.

Spahn weiß viel, aber nicht alles

Spahn schafft es mühelos über dieses vermeidbare Hindernis, indem er versicherte: „Wir stehen nicht morgens auf und nehmen uns vor, die Belegärzte zu ärgern.“ Einen sachlichen Grund, vermutete Spahn, werde es für den Abschlag schon geben – er kenne ihn nur nicht, weil diese Regelung aus einer Zeit stammte, als er Staatssekretär im Finanzministerium war.

Damit war der Weg wieder frei für andere Themen wie Digitalisierung, Finanzierung von Pflegestellen, Entlastung von Bürokratie, Verordnung von Apps – also den Themen, bei denen er in jüngster Zeit Gesetzesinitiative gezeigt hatte.

Hier stellte Spahn unter Beweis, welches Detailwissen ein Gesundheitsminister haben kann. Das allerdings stand wenige Tage vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg nicht im Vordergrund. Spahn war in der Hochphase des Wahlkampfs in die Hansestadt gekommen, um Parteikollegen wie Wersich zu unterstützen.

Menschen treiben Statusängste um

Zugleich betrieb Spahn als einer der vermuteten Kandidaten für den künftigen CDU-Parteivorsitz kräftig Werbung in eigener Sache. Das schafft er eben nicht allein mit Gesundheitspolitik, sondern auch mit Ausflügen in gesellschaftspolitische Themen, die viele Menschen bewegen. Eines davon ist der Vertrauensverlust in die Volksparteien und in das politische System in Deutschland – „obwohl es uns so gut geht wie nie“.

Nach Spahns Wahrnehmung haben viele Menschen die Befürchtung, dass dieser Status nicht gehalten werden kann und sich mit einem „mulmigen Gefühl“ fragen: „Bleibt das auch so?“

Mit solchen Problemen der Menschen sollte sich Politik nach seiner Auffassung stärker als bislang auseinandersetzen. Auf der anderen Seite erfordere dies von den Menschen auch Bereitschaft, sich sachlich mit strittigen Themen auseinanderzusetzen – auch wenn andere eine andere Meinung vertreten.

„Einige in Deutschland sind sind immer so absolut oder hysterisch unterwegs“, fasst Spahn seine Wahrnehmung der aktuellen Debattenkultur zusammen.

Ein Lob der Debattenkultur

Zur Gesundheitspolitik schwenkt er dann mit einem Beispiel, bei dem die Debattenkultur aus seiner Sicht beispielhaft war: die Organspende. Der Bundestag hatte in dieser Frage anders entscheiden, als Spahn sich das gewünscht hatte.

Viel wichtiger sei ihm aber gewesen, dass intensiv und sachlich in vielen Gesellschaftsschichten darüber diskutiert und dann eine politische Entscheidung getroffen wurde. „Nichts ist schlimmer, als wenn das nicht erfolgt.“

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