MDK-Novelle

"Wer die Musik bezahlt, soll auch mitsingen dürfen"

Die Reform, die Jens Spahn plant, würde den Medizinischen Dienst schwächen, warnt Sachsen-Anhalts MDK-Chef Jens Hennicke. Er sieht in der Novelle keinen Gewinn an Unabhängigkeit.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Eine MDK-Gutachterin prüft bei einem Hausbesuch die Beweglichkeit bei einer alten Frau.

Eine MDK-Gutachterin prüft bei einem Hausbesuch die Beweglichkeit bei einer alten Frau.

© Britta Pedersen / dpa

MAGDEBURG. Die geplante Reform des Medizinischen Dienstes würde die Sozialpartnerschaften aushebeln, befürchtet Sachsen-Anhalts MDK-Chef Jens Hennicke.

Hennicke, bis Ende 2018 TK-Landesvorsitzender, steht den Plänen seines Parteifreundes Jens Spahn skeptisch gegenüber. „Seit Bismarck ist die Selbstverwaltung paritätisch besetzt. Sie in eine eigenständige Körperschaft umzuwandeln käme einer Schwächung des Medizinischen Dienstes gleich, zumal der Verwaltungsrat künftig ohne hauptamtliche Vertreter der Kassen auskommen soll. Das hieße für uns, auf Sachverstand verzichten zu müssen. Ist das gewollt? Außerdem finde ich, wer die Musik bezahlt, soll auch mitsingen dürfen.“

Hennicke sah und sieht die Unabhängigkeit, die Bundesgesundheitsminister Spahn mit der Gesetzesnovelle forcieren will, nicht in Gefahr. Die pauschale Umlagefinanzierung durch alle gesetzlichen Kassen sei die beste Garantie für Unabhängigkeit. „In Sachsen-Anhalt hat nie eine Kasse versucht, Gutachter oder Gutachten zu beeinflussen.“

300.000 Gutachten gehen pro Jahr auf das Konto der rund 370 Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes Sachsen-Anhalt. Der neue Chef rechnet mit einer deutlichen Zunahme – sowohl im Pflegebereich als auch im Krankenhaussektor. Zum einen, weil in Sachsen-Anhalt prozentual die meisten alten Menschen leben, Pflegebedürftigkeit zwangsläufig zunimmt und durch Gutachter festgestellt werden muss, zum anderen aber durch einen erwarteten Anstieg der Strukturprüfungen. Alle ein bis zwei Jahre sollen die künftig erfolgen.

„Damit soll sichergestellt werden, dass Kliniken Leistungen nur dann erbringen dürfen, wenn sie wirklich alle dafür notwendige Anforderungen erfüllen. Ist das nicht der Fall, gibt es kein Geld mehr. Eine längst überfällige Entscheidung.“ Gleichzeitig aber sollen Kliniken, die ihr Leistungsspektrum erweitern wollen, künftig MDK-Gutachter anfordern können.

Hennicke rechnet allein deshalb mit einer Verdoppelung der Strukturprüfungen. Das Problem: „Wir dürfen nur prüfen, ob Kliniken die für die Leistungen notwendigen Anforderungen erfüllen. Ist das der Fall, können die Häuser ihren Leistungskatalog erweitern, die Kassen müssen zahlen, Landesvorgaben werden unter Umständen ausgehebelt.“

Der MDK-Chef, zugleich berufener Gesundheits-Sachverständiger im Landtag und Vorsitzender des entsprechenden Fachausschusses der Landes-CDU, fordert Nachbesserungen. Die strebt er auch in den eigenen Reihen an. Erklärtes Ziel: Den MDK zum modernen und effizienten Dienstleister mitzugestalten. Wichtige Voraussetzung sei ein Digitalisierungsschub, um die Flut der Anforderungen besser und schneller bewältigen zu können.

Wie im Innern des MDK setzt Hennicke, den Ministerpräsident Reiner Haseloff als fairen Teamplayer bezeichnete, auf ein konstruktives Miteinander auch mit Krankenhäusern. Ein erstes Treffen mit Vertretern der Krankenhausgesellschaft und Kliniken hat den Weg vorgegeben. „Gemeinsame Fallbesprechungen haben offen gelegt, wo die Probleme liegen und dienten zugleich einem besseren gegenseitigen Verständnis. Wir sind nicht Feind der Häuser, wir sind Partner, die ein gemeinsames Ziel verfolgen.“

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