Schleswig-Holstein
Westerfellhaus wirbt für Pflegeberufekammern
Bei den Pflegeberufekammern läuft es nicht überall rund, wie die Beispiele Schleswig-Holstein und Niedersachsen zeigen. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, rät, sich davon nicht entmutigen zu lassen.
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Will die Skepsis der Pflegekräfte gegen die Kammern mindern: Andreas Westerfellhaus (Archivbild).
© (c) Stephanie Pilick
Neumünster. Für Geduld und Unterstützung für die Pflegeberufekammern hat der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, bei einem Besuch in der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein geworben. In Neumünster sprach sich der Staatssekretär zugleich für gemeinsame Versorgungskonzepte mit Ärzten und für die Erprobung von Modellen aus anderen europäischen Ländern aus.
„So etwas wie Pflegeberufekammern hat es bei uns bis vor Kurzem noch nie gegeben. Wir brauchen diese Strukturen“, erklärte Westerfellhaus in Neumünster die in Schleswig-Holstein verbreitete Skepsis unter Pflegekräften gegen die eigene Selbstverwaltung.
Dort gibt es wie berichtet seit Monaten anhaltende Kritik unter anderem wegen der Pflichtmitgliedschaft und der Beiträge. Westerfellhaus appellierte an die Berufsgruppe, der Pflegeberufekammer eine Chance zu geben, ihren Wert für die Mitglieder unter Beweis zu stellen. „Das geht nicht in 100 Tagen, dafür braucht es drei, vier Jahre“, sagte Westerfellhaus.
Eigene Selbstverwaltung wichtig
In dieser Zeitspanne werden die demokratisch gewählten Vertreter nach seiner Überzeugung mit eigenen Vorschlägen und Initiativen den Beweis erbringen, dass die Pflegenden eine eigene Selbstverwaltung benötigen.
Auch auf Bundesebene wären nach seiner Wahrnehmung unter anderem die Ärzte froh, mit einer Bundespflegekammer einen zentralen Ansprechpartner zu bekommen. Zum Verhältnis zwischen Pflegekräften und Ärzten sagte Westerfellhaus: „Die Diskussion mit den Ärzten hat an Qualität gewonnen. Beide Seiten nehmen die bestehenden Probleme an.“
Einbringen will sich die Pflegeberufekammer etwa mit Vorschlägen für gemeinsame Versorgungskonzepte mit Ärzten. „Fundierte, interdisziplinäre Konzepte“ forderte Westerfellhaus in Neumünster gemeinsam mit der Präsidentin der dortigen Pflegeberufekammer, Patricia Drube. Erforderlich seien solche Konzepte, weil in beiden Berufsgruppen Fachkräftemangel herrscht und dies die Versorgung gefährdet. Westerfellhaus kann sich vorstellen, dass solche Konzepte zu einer Entlastung beider Berufsgruppen führen.
Kammerpräsidentin hofft auf politische Unterstützung
Unterstützung erhielt er dafür von der Ärztegenossenschaft Nord. Deren erster Sprecher Dr. Svante Gehring forderte in Neumünster die Bildung interdisziplinärer Teams, in denen Hausärzte, Fachärzte und Pflegekräfte gemeinsam versorgen und sich dafür untereinander abstimmen. Den Willen dafür sehen beide Berufsgruppen bei ihren Mitgliedern vorhanden.
„Das scheitert bislang aber an den unterschiedlichen Abrechnungssystemen und den Brüchen zwischen SGB V und SGB XI“, sagte Gehring. Er sprach sich für ein Abrechnungssystem aus, „das den Patienten folgt“.
Auch Drube kritisierte diese Brüche im System, die nach ihrer Beobachtung bei vielen Pflegenden zu Frust führen. Sie erwartet, dass die Politik auf gemeinsame Lösungsvorschläge für die künftige Versorgung von Ärzten und Pflegenden deutlich positiver reagiert, als wenn sich nur eine Berufsgruppe äußern würde.
Blick über die Grenzen sinnvoll
Neben eigenen Vorschlägen aus der Selbstverwaltung wünscht sich Westerfellhaus auch mehr Mut bei der Erprobung von Modellen, die sich im Ausland schon bewährt haben. Als Beispiel nannte er das niederländische Buurtzorg-Modell.
Um die Versorgungsprobleme in Deutschland zu überwinden, seien weitere Bausteine nötig, unter anderem Fachkräfte aus dem Ausland. Großes Potenzial sieht er in der Rückgewinnung von ausgebildeten Pflegekräften, die derzeit nicht in ihrem Beruf arbeiten. Diesen müsse die Perspektive gegeben werden, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern.