"Bei Liebeskummer Apfelmus" - wenn das Herz gebrochen ist

Von Brita Janssen Veröffentlicht:

Fast jeden Menschen trifft es mindestens einmal im Leben, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsstand: Liebeskummer ist ein verbreitetes, aber psychologisch kaum untersuchtes Phänomen. "Dabei ist er bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen der häufigste Auslöser für Selbstmord, die zweithöchste Todesursache in dieser Altersgruppe nach Unfällen", so die Emotionspsychologin Annette Schmitt von der Universität Oldenburg.

Doch auch ältere Menschen wirft eine Trennung vom langjährigen Partner oft aus der Bahn. Viele suchen dann Hilfe bei der psychologischen Beraterin Silvia Fauck, die in Hamburg Deutschlands einzige Praxis für Liebeskummer betreibt.

Fauck kennt die Leiden ihrer Klienten aus eigener Erfahrung. "Mein Partner hat vor Jahren per Fax mit mir Schluß gemacht. Da brach für mich von einer Sekunde auf die andere finanziell und seelisch alles zusammen. Seitdem kann ich meine Klienten noch besser verstehen", erzählt die 52jährige Mutter zweier erwachsener Töchter.

Appetitlosigkeit oder Eßattacken aus Liebeskummer

Wer zu ihr kommt, weiß allein nicht mehr weiter. Viele leiden unter Angst und Depressionen, können nicht schlafen, finden alles zum Heulen, leiden an Appetitlosigkeit oder Eßattacken und sind von wilden Rachegefühlen geplagt. "Ich ordne die Gedanken meiner Klienten, reinige ihr Gemüt und gebe ihnen Kraft und Motivation, um ihr Selbstwertgefühl wieder zu stärken", sagt Fauck.

Die Reaktionen von Menschen, die die Liebe eines anderen verlieren oder enttäuscht über die Unerfüllbarkeit ihrer Sehnsucht sind, schwanken von leichten, kurzen Formen des Liebeskummers bis hin zu langer Verzweiflung. Wird der Leidensdruck so groß, daß jede Lebensfreude erlischt, man seinen Alltagspflichten nicht mehr nachkommen kann, sich abschottet und zu Alkohol oder Medikamenten greift, ist professionelle Hilfe angesagt.

Liebeskummer zu verarbeiten, ist oft ein schmerzhafter Prozeß

"Liebeskummer zu bewältigen, bedeutet Trauerarbeit", sagt Schmitt. Ein schmerzhafter Lernprozeß, bei dem es darum geht, loszulassen und sich selbst aufzufangen. "Dabei ist es durchaus normal, wenn jemand auch nach 20 Jahren noch dann und wann melancholisch seiner verlorenen Jugendliebe nachhängt oder den Verlust des langjährigen Partners durch Tod bis zum eigenen Lebensende betrauert." Gesund sei, wer "liebens- und arbeitsfähig" sei, meint die Privatdozentin. Aber bis dahin ist es für viele ein langer Weg.

"Bei Liebeskummer Apfelmus", empfiehlt der Zeichner und Geschichtenerzähler Janosch mit einem Augenzwinkern. Doch wirklich schwerer Liebeskummer ist ein Ausnahmezustand, gegen den kein Kraut gewachsen ist. Was hilft, ist Zeit - und irgendwann mal eine neue Liebe. Bis dahin sind Gespräche mit guten Freunden wichtig, Sport, Ablenkung durch Unternehmungen und der Mut, eigene Wege zu gehen. Die Psychologin Doris Wolf ("Wenn der Partner geht", Pal Verlag) sieht in Trennungen durchaus auch die Chance für inneres Wachstum und einen Neuanfang.

Auch die Autorin Gerti Senger ("Liebeskummer. Eine Chance", Herbig Verlag) ist überzeugt, daß Liebeskummer kreatives Potential freisetzen kann. Zumindest beginnen viele Menschen in so einer Situation, ihre Wohnung zu renovieren oder Tagebuch, Gedichte und Songtexte zu schreiben. "Aus meinen großen Schmerzen mach’ ich die kleinen Lieder", sagte schon Heinrich Heine. Männer gehen übrigens anders mit Liebeskummer um als Frauen.

"Männer empfinden das Scheitern einer Liebe als persönliches Versagen und Gesichtsverlust. Sie sind Verdrängungskünstler und suchen meist sofort eine neue Partnerin - und damit ist das Thema für sie erledigt", meint Fauck, die auch ein Buch zum Thema geschrieben hat ("Liebeskummer - Wenn das Herz zu brechen droht", Kreuz Verlag).

Frauen hingegen glaubten häufig, schuld zu sein, wenn eine Beziehung zerbricht. "Frauen leiden mehr unter Liebeskummer als Männer, erleben mehr Depressivität, Wut, Selbstzweifel und somatische Beschwerden", stellte die Psychologin Ina Grau von der Uni Bielefeld in einer Studie fest. Kleiner Trost: Frauen durchlaufen die Phasen der Ablösung Faucks Erfahrung nach gründlicher und lernen daraus fürs Leben. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Berufsbedingte Schäden

Wenn Musikmachen Muskeln, Sehnen und Gelenke krank macht

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an