Berliner Krisendienst ist oft der letzte Rettungsanker
Immer wenn es Nacht wird in Berlin, kommen die Rastlosen nicht zur Ruhe. Dann herrscht beim im Berliner Krisendienst Hochbetrieb.
Veröffentlicht:BERLIN. Nachts laufen beim Berliner Krisendienstes die Drähte heiß. Am anderen Ende der Leitung: Menschen mit Angstzuständen, Selbstmordabsichten oder besorgte Angehörige. Chronisch psychisch Kranke rufen sogar regelmäßig an, wenn sie in der Nacht Panik bekommen. Dann ist oft die "Telefonberatung" des Krisendienstes gefragt.
"Wir sind auch ein Angebot für chronisch psychisch Kranke", sagt Beraterin Angela Hofmeister. Etwa die Hälfte aller Personen, die den Krisendienst kontaktieren, gehören dazu. Neben der medizinischen Betreuung durch ihren Arzt brauchen sie im Krisenfall jemanden, der ihnen zuhört, sie beruhigt und hilft, Konflikte zu klären. So kann oftmals eine Klinikeinweisung vermieden werden.
Beim Berliner Krisendienst bündeln sechs psychosoziale Träger ihre Ressourcen. "Europaweit ein einzigartiges Modell", erklärt Hofmeister. Die Hilfe wird gut angenommen: 32 560 Kontakte gab es im Jahr 2000. Im Jahr 2009 waren es schon 53 270.
Zur Hauptberatungszeit zwischen 16 und 24 Uhr können Betroffene auch zu einem der neun Standorte kommen. Von Mitternacht bis acht Uhr morgens hat ein zentraler Notdienst geöffnet: Oftmals Menschen mit Beziehungsproblemen, Arbeitslosigkeit, oder Schulden. Manche haben schon tagelang nichts mehr gegessen. Andere konnten die Wohnung nicht mehr bezahlen und stehen plötzlich auf der Straße.
Der Krisendienst mit seinen rund 250 Mitarbeitern - Sozialpädagogen, Psychologen und Psychotherapeuten - sei "eine gute Ergänzung zum Sozialpsychiatrischen Dienst", findet Wilfried Steinhauer. Er ist einer von 30 "Hintergrundärzten". Seit acht Jahren begleitet und berät er die Mitarbeiter des Dienstes. Die Krisendienstmitarbeiter vermitteln die Hilfesuchenden nach ersten Gesprächen an die Schuldner-, Paar- oder Aidsberatung weiter. "Die Vernetzung mit einer Vielzahl von anderen professionellen Einrichtungen hilft, eine erneute Krise zu vermeiden", hat Steinhauer festgestellt. Er lobt die Zusammenarbeit mit Polizei und Feuerwehr und die "Lösungsstrategien in den oft existenziellen oder gar lebensbedrohlichen Situationen".
Mitarbeiter machen im Krisenfall auch Hausbesuche oder unterstützen Angehörige nach einem Todesfall oder einem schweren Unglück. Was Steinhauer nach all den Jahren immer noch am meisten unter die Haut geht? Die Einsamkeit der alten Menschen, die oft zu bescheiden sind, um Hilfe zu bitten.