Stromschläge

Elf Jahre Haft für „falschen Arzt“

Als vorgeblicher Arzt hat ein Mann aus Würzburg Frauen dazu gebracht, sich Stromschläge zuzuführen. Dafür muss er jetzt lange hinter Gitter.

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Verurteilt: Der 30-jährige Informatiker aus Würzburg vor dem Prozessbeginn im Landgericht.

Verurteilt: Der 30-jährige Informatiker aus Würzburg vor dem Prozessbeginn im Landgericht.

© Sven Hoppe/dpa

München. Es ist einer der spektakulärsten Fälle der vergangenen Jahre: Als falscher Arzt brachte ein Informatiker junge Frauen dazu, sich lebensgefährliche Stromschläge zuzufügen. Im „Stromschlags-Prozess“ vor dem Landgericht München II ist der Angeklagte am Montag zu elf Jahren Haft wegen versuchten Mordes in 13 Fällen verurteilt worden.

Die Apparatur des Betrügers: Zahlreiche Frauen in ganz Deutschland haben sich damit teilweise lebensbedrohlichen Stromschlägen ausgesetzt.

Die Apparatur des Betrügers: Zahlreiche Frauen in ganz Deutschland haben sich damit teilweise lebensbedrohlichen Stromschlägen ausgesetzt.

© Polizeipräsidium Oberbayern Nord/dpa

Mit den elf Jahren blieb die Kammer hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft von 14 Jahren zurück – und übertraf die Forderung der Verteidigung nach einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren weit. Außerdem ordnete das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Laut einem Gutachter hat der Angeklagte das Asperger-Syndrom, gepaart mit einer „sexuellen Deviation“. In der Aussage des Angeklagten, die Taten seien nicht sexuell motiviert gewesen, sah das Gericht „ein Verdrängungsmoment“ und eine „nahe liegende Beschönigung“.

Der Richter beschrieb, dass der junge Mann sich im Internet unter anderem über Sado-Maso-Praktiken und Folter austauschte, bevor seine jahrelange Tatserie startete. Von 2013 bis Anfang 2018 zog er seine Masche immer wieder durch. Sein jüngstes Opfer war laut Anklage erst 13 Jahre alt.

Bis zu 3000 Euro für “Studien“-Teilnahme

Für die angeblichen wissenschaftlichen Studien bot er den Teilnehmerinnen, die er auf einer Kleinanzeigen-Plattform fand, weil sie dort einen Nebenjob suchten, mal 200, mal 450 Euro, sogar 1500 oder 3000 Euro. Das Gericht sprach von einer „Täuschungslegende“.

Dass er wegen seiner psychischen Verfassung – wie es die Verteidigung nahelegte – nicht genau wusste, wie gefährlich das war, was die jungen Frauen in seinem Auftrag taten, glaubte das Gericht nicht. Immer wieder habe er die Frauen, wenn sich bei ihnen während der Chatverläufe Angst und Zweifel meldeten, beschwichtigt und das Risiko heruntergespielt.

Besonders schwerwiegend bewertete die Kammer jene Fälle, in denen der junge Mann seine Opfer dazu brachte, sich metallene Gegenstände an beide Schläfen zu halten – „was bedeutet, dass das menschliche Gehirn im Stromweg liegt“, wie der Vorsitzende Richter sagte. Dabei hätten die Opfer heftige Schmerzen erlitten.

„Es hat mir das Licht ausgeknipst“, zitierte der Richter eines der Opfer. Es habe sich angefühlt „wie ein Sternenhagel“. Oder: „Es hat peng im Kopf gemacht.“(dpa)

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