Hochstapler am Werk

Falsche Ärzte in echten Kitteln

Ein Hochstapler hat in einem Dürener Krankenhaus als Arzt praktiziert. Nun droht ihm eine Gefängnisstrafe. Immer wieder schaffen es falsche Ärzte, jahrelang sogar erfahrene Kollegen zu täuschen.

Von Elke Silberer Veröffentlicht:
Immer wieder gelingt es Hochstaplern, sich als Arzt auszugeben - oft fällt jahrelang niemandem etwas auf.

Immer wieder gelingt es Hochstaplern, sich als Arzt auszugeben - oft fällt jahrelang niemandem etwas auf.

© [M] Tyler Olson / Fotolia

DÜREN. Jahrelang ist alles gut gegangen: Niemand schöpfte Verdacht. Der 40-Jährige in dem weißen Kittel war für alle der Herr Doktor. Jetzt hat ein Dürener Krankenhaus den mutmaßlichen Hochstapler fristlos gefeuert und der Mann ist ein Fall für den Staatsanwalt.

Die Enttarnung begann mit dem fachlichen Interesse eines Kollegen. Der wollte die Doktorarbeit des vermeintlichen Arztes lesen und recherchierte, fand die Arbeit aber nicht, wie der Sprecher des Dürener Krankenhauses, Christoph Lammertz, berichtet.

Der Kollege informierte die Klinikleitung, die fragte bei der Uni nach, an der der Mann angeblich promoviert hatte. "Wir haben von der Universität die Mitteilung bekommen, dass diese Arbeit niemals geschrieben wurde", sagte Lammertz. Auch die zweite angebliche Doktorarbeit in einem anderen Bereich war erfunden.

Bei der Bewerbung des vermeintlichen Arztes hatten die Dürener sogar sicherheitshalber bei der Bezirksregierung Köln nachgefragt, ob mit der beruflichen Zulassung alles in Ordnung sei - und offenbar grünes Licht bekommen.

Ein unbeschriebenes Blatt

Erst nach gewachsenem Misstrauen und der wiederholten Nachfrage wurde nach Angaben des Krankenhauses das Landesprüfungsamt eingeschaltet: Der Mann war dort ein unbeschriebenes Blatt, hatte also keine Prüfungen abgelegt.

"Bei 1500 Approbationen, die wir im Jahr erteilen, können wir nicht unbedingt jedes einzelne Zeugnis intensiv überprüfen, indem wir beim Landesprüfungsamt nachfragen", sagte ein Behördensprecher. Bei Auffälligkeiten werde das aber natürlich gemacht.

"Wir sind die Gelackmeierten und die, die durch die Öffentlichkeit gezogen werden. Wir sind aber auch die, die aufgedeckt haben und dem Spuk ein Ende gesetzt haben", spricht Lammertz für das betroffene Dürener Haus mit 500 Betten.

Und die Ärzte-Kollegen haben nichts gemerkt? Nach Angaben des Krankenhauses hatte der Mann tatsächlich Medizin studiert und auch Leistungen im Studium erbracht. Frisch von der Uni ging er erst mal in ein anderes Krankenhaus im Rheinland und stellte sich wohl ganz gut an: Er kam mit einem guten Zeugnis nach Düren.

Spektakuläre Einzelfälle

Er ist nicht der erste falsche Arzt. Immer wieder werden Fälle von Hochstaplern, die als Ärzte arbeiten, bekannt. In diesem Jahr zum Beispiel flog ein vermeintlicher Schönheitschirurg auf.

Mit gefälschten Dokumenten und Urkunden hatte er sich einen medizinischen Werdegang zusammen geschummelt, gab sich im Internet als plastischer Chirurg aus und nahm Dutzende Schönheitsoperationen vor - gegen Barzahlung.

Der Mann wurde im Juli in Regensburg wegen gefährlicher Körperverletzung und Betrugs zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Auch ein falscher Zahnarzt hat in Nordrhein-Westfalen hunderte Patienten behandelt. Erst in der dritten Zahnarztpraxis flog der Schwindel auf. Selbst seine Frau, eine Zahnarzthelferin, wusste nichts davon. Der Mann wurde im Dezember 2014 in Mönchengladbach zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Um Anerkennung ging es einem 27-Jährigen, der mit gefälschter Zulassung als Anästhesist arbeitete. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Mann 2011 zu drei Jahren und neun Monaten Haft.

Am Niederrhein gab sich ein verurteilter Drogenschmuggler als Doktor der Psychologie aus, fast zwei Jahre lang arbeitete er als therapeutischer Leiter einer Drogenklinik. Der Mann wurde 2010 wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Titelmissbrauchs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Für die Deutsche Krankenhausgesellschaft ist der Fall in Düren aber nicht symptomatisch: "Es sind extreme Einzelfälle", sagte Sprecher Joachim Odenbach. Jeder Einzelfall wirke extrem, "wenn man sich vorstellt, da werde ich von jemandem behandelt, der ein paar Semester studiert hat." (dpa)

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