Kandidat für den Springer Medizin CharityAward 2012: Seniorenprojekt Stadt Rödental

Fit im Alter - in Rödental kein Problem

Veröffentlicht:

Wie können Städte auf die zunehmende Vergreisung ihrer Einwohner reagieren? Die fränkische Kleinstadt Rödental hat ein vorbildliches Konzept entwickelt, das Sturzprophylaxe, Mobilität und häusliche Versorgung einschließt.

Von Pete Smith

Gegen die Vereinsamung im Alter: Viele Rödentaler treffen sich regelmäßig.

Gegen die Vereinsamung im Alter: Viele Rödentaler treffen sich regelmäßig.

© Stadt Rödental

In Deutschland leben knapp 82 Millionen Menschen, davon sind mehr als 20 Millionen zwischen 60 und 80 Jahre alt, fünf Millionen sogar älter als 80, Tendenz steigend. Der demografische Wandel stellt das Land vor enorme Herausforderungen.

Das betrifft auch die Stadtplanung. Ein wegweisendes, seniorenpolitisches Gesamtkonzept hat die Stadt Rödental, eine Kleinstadt im oberfränkischen Landkreis Coburg, entwickelt.

Rödental hat etwa 14.000 Einwohner. Ein Viertel der Einwohner sind über 60 und 4,5 Prozent über 85 Jahre alt. Um den alten und hochbetagten Bürgern der Stadt ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, traf der Stadtrat 2002 eine zukunftsorientierte Entscheidung.

Im Auftrag der Stadt setzte sich deren Seniorenbeauftragter, der Allgemeinarzt Dr. Wolfgang Hasselkus, mit den alten Menschen zusammen, um deren Wünsche zu ermitteln. Drei Monate lang dauerte die Befragung, 15 Seniorengruppen wurden besucht.

Die meisten Senioren äußerten den Wunsch, möglichst lange selbstständig zu bleiben. Daraus wurden acht Arbeitsfelder markiert:

Stolperfallen im Zentrum beseitigen oder kenntlich machen

Sichere Übergänge für Benutzer von Rollatoren schaffen

Für eine Seniorenkompetenz in den Geschäften sorgen (Ausweisung von Toiletten und Ruheplätzen)

Selbst öffnende Türen in den Geschäften im Zentrum installieren

Öffentliche Toiletten ausbauen

An strategisch wichtigen Punkten der Stadt Bänke anbringen, um die Mobilität der Senioren zu erweitern

Für einen leichteren Ein- und Ausstieg in den Stadtbus sowie eine größere Schrift beim Fahrplan sorgen

Eine finanzierbare häusliche Versorgung gewährleisten.

Viele Themen wurden umgesetzt

Seniorenprojekt Stadt Rödental

Die 14.000 Einwohner zählende Stadt Rödental hat ein Gesamtkonzept entwickelt, um ihren alten und hochbetagten Bürgern so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Dazu wurden im Zentrum der Stadt Stolperfallen beseitigt oder markiert, Bänke aufgestellt, sich selbst öffnende Türen installiert, Ruhezonen geschaffen sowie für leichtere Ein- und Ausstiege in den Stadtbus gesorgt.

Darüber hinaus hat Rödental seniorengerechte Wohnungen initiiert, Nachbarschaftshilfen organisiert und ehrenamtliche Helfer geschult, die hochbetagte Bürger daheim besuchen, um mit ihnen Kraftübungen zu absolvieren und ihren Gesundheitszustand zu kontrollieren.

www.roedental.de

Im Anschluss an die Analyse und die Vorstellung im Stadtrat wurden die von den Senioren angesprochenen Themen in Angriff genommen: Bürgersteige wurden abgesenkt, Sturzfallen beseitigt, Stufen farblich markiert sowie stadtweit Bänke installiert, wo sich die Senioren auf dem Hin- oder Rückweg zum Arzt oder Einkauf ausruhen können.

Auch einige Geschäfte beteiligten sich an der Initiative, indem sie Sitzmöglichkeiten schufen und sich selbst öffnende Türen installierten.

In einem nächsten Schritt machte sich die Stadt Rödental daran, für ein bestimmtes Quartier Konzepte für barrierefreies Wohnen zu entwickeln. Dazu zählten beispielsweise behindertengerechte Wohnungen im Parterre, eine seniorengerechte Gestaltung der Außenanlagen, Nachbarschaftsinitiativen und häusliche Hilfen.

Im vergangenen Jahr wurde das Projekt "Wohnen in allen Lebensphasen" offiziell eingeweiht.

"Fit für den Alltag!" lautet das Motto eines Präventionsprogramms, für das die Stadt Rödental ehrenamtliche Helfer - und sie sind der Schlüssel zu den vielen Projekten in Rödental -, die selbst jeweils zwischen 60 und 84 Jahre alt sind, gewinnen konnte.

Sie besuchen hochbetagte, sturzgefährdete Senioren daheim und nehmen sich mit ihnen gemeinsam zehn Wochen lang zweimal pro Woche Gleichgewichts- und Kraftübungen vor.

Dadurch sollen Stürze verhindert und die Selbstständigkeit erhalten werden. Im Anschluss haben die Hochbetagten die Möglichkeit, das Training in einer Übungsgruppe weiterzuführen, wobei ihnen ein kostenloser Fahrdienst zur Verfügung steht.

Wöchentliche Besuche

Ein weiteres Projekt mit ehrenamtlichen Helfern zielt darauf ab, regelmäßig den Gesundheitszustand jener hochbetagten Rödentaler zu ermitteln, die noch daheim leben.

Auf Wunsch erhalten die Senioren wöchentlich Besuch von speziell geschulten Helfern, die nach Anweisung des Hausarztes Sauerstoffsättigung, Temperatur, Puls und Atemfrequenz der Hochbetagten messen, um auf diese Weise Verschlechterungen des Gesundheitszustandes rasch feststellen zu können.

Vorrangiges Ziel dabei ist, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und eine Heimunterbringung so weit wie möglich hinauszuzögern.

Im vergangenen Jahr hat die Stadt Rödental den mit 10.000 Euro dotierten Deutschen Altenhilfepreis erhalten.

Mit dem Preisgeld will man die Sturzprophylaxe weiter ausbauen, die Ernährungssituation der alten Menschen verbessern sowie weitere Treffen, Vorträge und Feste veranstalten, die allesamt der schleichenden Vereinsamung der hochbetagten Bürger entgegenwirken sollen.

Schlagworte:
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Führen den BVKJ: Tilo Radau (l.), Hauptgeschäftsführer, und Präsident Michael Hubmann im Berliner Büro des Verbands.

© Marco Urban für die Ärzte Zeitung

Doppel-Interview

BVKJ-Spitze Hubmann und Radau: „Erst einmal die Kinder-AU abschaffen!“

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.

© Rolf Schulten

Interview

Diakonie-Präsident Schuch: Ohne Pflege zu Hause kollabiert das System