Glatte und zerfurchte Gesichter

"Alter in der Antike" - diesem Facettenreichtum widmet sich derzeit eine Ausstellung in Bonn.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:

Glatte Gesichter, muskulöse und sportliche Körper - das sind die Bilder, die wir aus der griechischen und römischen Antike kennen. Eine Ausstellung im LVR-Landesmuseum Bonn zeigt, dass das Alter damals in der Kunst nicht gänzlich ausgeblendet war: Auf Vasen, Grabdenkmälern und Reliefs finden sich Porträts von ausgezehrten Ammen, schlaffen Sklaven oder Greisen, die ihre toten Kinder betrauern und spöttische Zeichnungen von betrunkenen Alten. Im sechsten Jahrhundert vor Christus hatten die Götter das Sagen. Sie waren alters- und ahnungslos. Das schildert etwa eine Geschichte aus dem Katalog zur Ausstellung: Eos, die Göttin der Morgenröte, verliebte sich in einen Sterblichen und bat Zeus um das ewige Leben für ihn. Sie vergaß jedoch, um ewige Jugend zu bitten - ihr Geliebter schrumpfte und alterte, bis von ihm nur noch die schrille Stimme blieb und er zur Zikade wurde.

Die Ausstellung zeigt auch viele Skulpturen aus hellenistischer Zeit (ab 300 vor Christus), die durchaus realistische Anzeichen des Alterns zeigen. Beispiel Diogenes (414 bis 323 v. Chr.): Nackt und gebeugt steht der Philosoph da, mit dickem Bauch, schlaffer Brust und zerfurchtem Gesicht. Abbildungen von alten Frauen sind aus der Zeit vor Christus hingegen selten. Stilikone für die Damen der Gesellschaft war Livia Drusilla, Gemahlin des Kaisers Augustus. Ihre Büste zeigt ein glattes, fast pausbäckiges Gesicht, volle Lippen und einen gelockten, dichten Haarkranz.

Weisheit galt auch in der Kunst als Blüte des Alters

Kriege und Krankheiten haben die Menschen damals nicht alt werden lassen. Der Altersdurchschnitt der griechischen Gesellschaft lag bei unter 30 Jahren. Vornehme Damen und Herren hatten zu repräsentieren. Ammen hingegen wurden von Künstlern gerne alt gezeigt. Sie galten als weise Frauen mit großer Lebenserfahrung. Auf vielen griechischen Grabreliefs aus dieser Zeit sind auch Pädagogen und Sklaven mit Stirnglatze zu sehen. Sie war ein beliebtes Stilmittel, um das Alter in Szene zu setzen. Erst im antiken Rom bildeten die Künstler auch die Erfahrung ab, die ein langes Leben mit sich brachte. Ein Spruch von Demokrit (430 bis 371 v. Chr.) untertitelt deshalb auch die Bonner Schau: "Die Blüte des Alters aber ist die Weisheit." Falten, schütterer Bartwuchs, welke Haut sind in dieser Epoche Zeichen der Weisheit.

Anti-Aging-Konzepte, die noch heute aktuell sind

Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert beschäftigen sich auch Mediziner mit dem Alter. Etwa der Arzt und Anatom Galen, der in Rom praktizierte. Er war Leibarzt vieler Aristokraten und des Kaiserhauses. Um den Alterungsprozess herauszuschieben, empfahl er, die Gebrechen mit feucht machenden, wärmenden Mitteln zu behandeln. Dazu gehörten warme Bäder, der Genuss von Wein und Milch, körperliche Übungen wie Spazierengehen und Massagen - ein Anti-Aging-Konzept, das heute noch in vielen Ratgebern zu finden ist.

Die Ausstellung zeigt auch, wie die Menschen damals nach jedem Hilfsmittelchen griffen, um jünger auszusehen. In Rom gehörte Schminken, Salben und Ölen zum Alltag der besseren Gesellschaft. Eselsmilch sollte die Falten glätten, Kreide und Bleiweiß deckten Unreinheiten ab, Asche, Ruß und Ocker betonten Augen und Lippen.

Die Ausstellung "Das Alter in der Antike" im Landesmuseum Bonn (Colmantstraße 14 bis 16) läuft noch bis zum 7. Juni 2009. Informationen im Internet unter: www.rlmb.lvr.de

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