Nepal

Katastrophale Versorgungslage

Tage nach dem verheerenden Erdbeben muss das Leben in Nepal weitergehen. Dringend benötigt werden Neurologen, Chirurgen und Anästhesisten.

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KATHMANDU. Der Chef von Nepals Katastrophenmanagement will nach dem verheerenden Erdbeben nicht mehr jede Hilfe ins Land lassen.

"Wir haben jetzt 22 bis 24 Such- und Rettungsteam aus dem Ausland hier. Mehr brauchen wir nicht, denn wenn wir die richtig einsetzen, sollte es ausreichen", sagte Ram Kumar Dahal am Mittwoch der dpa.

Auch müsse jeder, der komme, einen Plan haben: "Wir haben nicht die Kapazität, für jeden alles zu organisieren."

Hinzu komme, dass der Flughafen ohnehin schon überlastet sei, sagte Dahal weiter. Deswegen müsse die Hilfe sehr gezielt sein. "Wir wollen nicht, dass Nepal zur Müllkippe für Hilfsgüter und Teams wird."

Wichtiger sei Geld, das in den Desaster-Fonds des Regierungschefs fließe. Er betonte, dass die Regierung in der Lage sei, die Hilfsgüter gleichzeitig in alle Distrikte zu bringen.

Ärzte und Op-Besteck fehlen

Die Rettungs- und Hilfsaktionen vor Ort kommen nur schleppend voran. Am dringendsten benötigt würden derzeit Zelte, Matratzen und Decken, Essen und Kochgeschirr. "Das wurde uns versprochen, hat uns aber noch nicht erreicht", sagte Dahal.

Auch Medikamente wie Antibiotika und Operationsbesteck sowie Fachärzte wie Neurologen, Chirurgen und Anästhesisten würden gebraucht. "Wir wollen keine Unterstützung, die wir nicht benötigen", betonte Dahal.

Derweil hoffen die Helfer weiter, einzelne Überlebende zu retten. Das käme vier Tage nach dem schweren Erbeben einem Wunder gleich: Vor allem ziehen die Bergungskräfte Tote aus den Trümmern Helfer fürchten, dass die Zahl deutlich steigt, wenn weitere abgelegene Regionen erreicht werden.

Den Rettern läuft die Zeit davon: Im Mai erreicht der Monsun Nepal, schon jetzt erschweren Regenfälle immer wieder die Arbeiten. Im Wettstreit um Nahrungsmittel wächst zugleich die Aggressivität.

Wie die Zeitung "Nepali Times" online berichtete, wurde ein Mann nach fast 82 Stunden unter den Trümmern in Kathmandus Stadtteil Gongabu gerettet. Ein zweiter Mann dort habe es nicht geschafft.

Attacken gegen Regierung

Wegen der schlechten Versorgungslage mehrt sich Kritik an der Regierung. Es gebe bereits vereinzelte Streitereien um Trinkwasser, berichtete das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) in der Nacht zum Mittwoch. "Ungleiche Verteilung erhöht das Risiko von Auseinandersetzungen unter den Betroffenen."

Der ohnehin überlastete Flughafen musste am Mittwoch vorübergehend wegen Rissen in der Landebahn gesperrt werden, wie lokale Journalisten berichteten.

Die Risse seien aber schnell repariert worden. Zahlreiche Flüge mit Helfern und Hilfsmaterial mussten in den vergangenen Tagen wegen Überlastung des Flughafens unverrichteter Dinge wieder umkehren.

Aus Deutschland trafen Hilfsgüter ein. "Der erste Transportflieger, finanziert aus dem Auswärtigen Amt, ist jetzt endlich nach vielen, vielen Problemen in Kathmandu gelandet, mit 60 Tonnen Hilfsgütern, darunter eine Wasseraufbereitungsanlage", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für Humanitäre Hilfe, Christoph Strässer (SPD), dem Fernsehsender Phoenix.

Er mahnte eine bessere Prävention in dem Himalaya-Staat an. Es müssten Evakuierungsräume geschaffen und Siedlungen gebaut werden, die Erdbeben standhalten können, forderte Strässer.. Besonders in armen Gebieten müssten Vorsorgemaßnahmen für Erdbeben getroffen werden.

Hilfsteams aus mehr als 15 Nationen

Mittlerweile sind Hilfsteams aus mehr als 15 Nationen in Nepal - koordiniert von den Vereinten Nationen und der nepalesischen Regierung. Die Rettungsorganisation I.S.A.R. Germany etwa hat ein Team mit sieben Suchhunden in die Katastrophenregion geschickt.

Das Beben hatte große Teile von Nepal, in dem 31 Millionen Menschen leben, sowie das angrenzende Indien und das chinesische Tibet getroffen.

Betroffen sind nach Angaben der Vereinten Nationen acht Millionen Menschen. In den Gebieten rund um das Epizentrum sind bis zu 90 Prozent der Gesundheitsversorgung nicht funktionsfähig.

Viele von Kathmandus 700 000 Einwohnern sind auf der Straße, um nach dem Überlebensnotwendigsten zu suchen. (dpa)

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