Spendensammlung

Kranker Botschafter in schwerer Not

Ein nierenkranker Botschafter aus Guinea-Bissau braucht dringend ein neues Organ. Die Gelder für die Behandlung in Deutschland kann er aber nur dank Spenden aufbringen.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Malam Jassi, Botschafter von Guinea-Bissau.

Malam Jassi, Botschafter von Guinea-Bissau.

© Privat

BERLIN. Menschen ohne Krankenversicherung - die gibt es nicht nur unter Obdachlosen oder Flüchtlingen, sondern auch im Diplomatischen Korps.

Ein Botschafter aus Afrika wurde Opfer unglücklicher Umstände: Der nierenkranke Mann benötigt Dialyse und dringend ein neues Organ. Die Gelder für die Behandlung kann er jedoch nur dank Spenden aufbringen.

Dreimal die Woche wird ein kleines Zimmer in einem Nierenzentrum in Berlin-Charlottenburg zum Büro von Seiner Exzellenz Malam Jassi, Bot-schafter des westafrikanischen Landes Guinea-Bissau. Fünf Stunden liegt er dann auf einem Bett, angehängt an das Dialysegerät.

Ein kleiner Computer steht auf dem Tischchen, das der Diplomat sich vor den Bauch gezogen hat. Seit gut zwei Jahren bestimmt die Blutwäsche seinen Tagesablauf. "Von Deutschland habe ich deshalb leider noch nicht viel gesehen", bedauert Jassi, der seit gut 25 Jahren im diplomatischen Dienst seines Landes steht.

2012 in Berlin akkreditiert

2012 wurde er als Botschafter in Deutschland akkreditiert. Unbeschwert verlief der Start an seinem neuen Dienstort allerdings nicht.

Weil im Frühjahr 2012 das Militär in Guinea-Bissau einen Staatsstreich verübte und die Regierung absetzte, wurde über das Land ein Embargo verhängt. Dem ohnehin armen Land wurde quasi der Geldhahn zugedreht. Eine der Folgen: Auch fürs Botschaftspersonal fehlte das Geld, S.E. Malam Jassi bekam kein Gehalt mehr.

Weitaus schlimmer traf es den Botschafter wenig später. Weil er sich privat krankenversichern wollte, unterzog er sich einer Routineuntersuchung. Das Ergebnis war schockierend: Niereninsuffizienz. Der Botschafter musste sofort ins Krankenhaus. Krankenversichern wollte ihn daraufhin kein Unternehmen mehr.

Zwei Kliniken behandelten den Diplomaten in der Folgezeit -lange, ohne Geld für ihre Leistungen zu sehen. Guinea-Bissau konnte nicht für seinen Abgesandten zahlen. Und auch der Botschafter war nicht in der Lage, die Rechnungen zu begleichen - Gehalt aus seinem Heimatland bekam er ja nicht.

Die Schulden türmten sich förmlich auf. Noch heute ahnt man, wie unangenehm Malam Jassi diese Situation war. Durch Vermittlung des marokkanischen Botschafters erklärte sich 2013 der König von Marokko bereit, die Rechnungen zu begleichen für die zwei Kliniken. Alles in allem etwa 110 000 Euro.

Heimatland zahlt unregelmäßig

Seitdem steht der Botschafter wieder vor dem gleichen Problem: wie die Behandlungen zahlen? Zwar bekommt er seit 2014 wieder Gehalt - doch die Zahlungen aus Guinea-Bissau erfolgen nur sehr unregelmäßig.

Ende des vergangenen Jahres hörte schließlich der Medizinrechtler Professor Alexander Ehlers aus München von dem Fall des Botschafters.

Nachdem er die Rechtslage geprüft und festgestellt hatte, dass für Seine Exzellenz aufgrund des Diplomatenstatus keines der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland greift, setzte er sich ans Telefon, um Spender zu finden.

Spenden von Privatleuten

Nach unzähligen Anrufen und Absagen hatte er schließlich Erfolg: Das Uniklinikum Köln unter Professor Dr. Thomas Benzing, Direktor der Klinik II für Innere Medizin und Zentrum für Molekulare Medizin, erklärte sich bereit, die Voruntersuchung und die Nierentransplantation "zu absoluten Minimumkosten" vorzunehmen, so Ehlers.

Die Gelder kommen von Privatleuten und Unternehmen. Einen geringen Teil der Kosten will auch Guinea-Bissau tragen.

In Köln wird sich der Botschafter für die Operation untersuchen zu lassen. Die Niere wird er von seiner Frau bekommen, "sie ist zum Glück ein geeigneter Spender", sagt Ehlers.

Für die Zeit nach der Operation hat Seine Exzellenz schon Pläne: Er möchte endlich Deutschland besser kennenlernen, seine Heimat nach über zwei Jahren wieder besuchen und sich dort dafür einsetzen, dass auch Guinea-Bissau endlich ein Dialysezentrum bekommt.

Auch Ehlers hat noch ein Ziel: Er möchte die Politiker in Berlin dafür gewinnen, Fälle wie die von S.E. Jassi gesetzlich zu regeln.

Denn der Botschafter ist nicht der erste Diplomat, der ohne Krankenversicherung medizinischer Behandlung bedarf. Im Jahr 2012 traf es einen an Leukämie erkrankten Botschafter aus Vietnam, dessen Land nicht für die Chemotherapien zahlen wollte.

Weitere Informationen:

Professor Alexander Ehlers, Telefon: 089-21096912.

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Kommentare
Ronny Röske 05.02.201507:59 Uhr

Ein trauriges Schicksal

Dem gegenüber stehen die vielen Menschen, die nicht "Seine Exzellenz" genannt werden. Es ist ehrenhaft, sich für jemandes Schicksal einzusetzen, aber für mich bleibt da immer ein "G''schmäckle".
Die Forderung nach gesetzlichen Regelungen ist aber dennoch absolut berechtigt. Um eine Versorgungssicherheit zu schaffen, böte sich ein zu schaffender Fond an. In diesen müsste ausnahmslos jeder ausländische Gesandte, gleich welchen Rangs, einen bestimmten Betrag einzahlen. Dieser Beitrag wäre bei der Vielzahl an in Deutschland tätigen ausländischen Bürgern vermutlich sehr gering und würde alle Unsicherheiten beseitigt.

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