Felix Burda Award 2014

Kritische Worte bei der Preisverleihung

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Abschlussbild mit allen Gewinnern und Laudatoren sowie Dr. Christa Maar bei der Felix Burda Award Gala 2014.

Abschlussbild mit allen Gewinnern und Laudatoren sowie Dr. Christa Maar bei der Felix Burda Award Gala 2014.

© Felix Burda Stiftung

Am Sonntagabend wurde zum zwölften Mal der Felix Burda Award verliehen. Aus 48 Einsendungen lobte die 25-köpfige Jury in vier Kategorien die Preise aus. Am Ende gab‘s noch einen Sonderpreis für "nachhaltiges Engagement".

Von Wolfgang van den Bergh

BERLIN. Es wäre zu früh gewesen, bereits am Sonntagabend auf die Erfolge des vor einem Jahr in Kraft getretenen Krebsfrüherkennungs- und Registergesetzes zurückzublicken, denn aktuell liegt der Ball noch im Spielfeld des Gemeinsamen Bundesausschusses.

Der hat die Aufgabe, bis 2016 die Kriterien für eine bessere Darmkrebsvorsorge zu erarbeiten. So muss geklärt werden, ab welchem Alter Versicherte zur Darmkrebsvorsorge eingeladen werden. Unklar ist auch noch, ob eine Einladung zum Stuhltest, zur Koloskopie oder nur zum Informationsgespräch erfolgen soll. Und vor allem: Welcher Stuhltest eingesetzt werden soll.

Das sollte dann auch nicht im Mittelpunkt der Verleihung des Felix Burda Awards 2014 stehen. 300 Prominente aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft waren der Einladung von Stiftungsgründerin Dr. Christa Maar ins Berliner Hotel Adlon Kempinski gefolgt.

Aus 48 eingereichten Bewerbungen hatte die 25-köpfige Jury 13 Projekte zu Darmkrebsvorsorge nominiert.

Maar spart nicht mit Kritik

Die Rede von Dr. Christa Maar sorgte für Aufsehen.

Die Rede von Dr. Christa Maar sorgte für Aufsehen.

© Felix Burda Stiftung

In einer engagierten Eröffnungsansprache kritisierte Christa Maar im Zusammenhang mit dem Einladungsverfahren die Nutzenbewertung zum Thema Menschen mit familiär erhöhtem Darmkrebsrisiko ohne allerdings das IQWiG explizit zu nennen.

Maar verwies auf Studien, die belegten, dass diese Menschen ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko für ein Karzinom hätten und im Schnitt zehn Jahre früher erkrankten als Menschen mit durchschnittlichem Risiko. Diesen Menschen sollte ein Screening vor dem 55. Lebensjahr angeboten werden.

Das IQWiG hingegen sieht keinen wissenschaftlichen Beleg für solche Screening-Strategien. Maar: "Es wird auch in Zukunft keine 'hochwertigen' Studien geben, da keine Ethikkommission eine randomisierte Langzeitstudie bei familiär belasteten Menschen genehmigen würde."

Begrüßungsrede von Dr. Christa Maar

Felix Burda Award 2014: Die komplette Rede von Dr. Christa Maar zum PDF-Download.

Kritik übte Maar auch an der Qualität von Informationen zum Thema Vorsorge. So sei etwa im Männergesundheitsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nachzulesen, dass die Durchführung einer Koloskopie die Lebensqualität beeinträchtige und die Wartezeit auf das Testergebnis als belastend empfunden werde.

Maar: "Das lässt dann nur den Schluss zu, ich mache gar nichts, dann vermeide ich eine Beeinträchtigung meiner Lebensqualität. Dumm nur, wenn irgendwann ein unheilbarer Darmkrebs entdeckt wird."

Trotz aller Kritik zeigte sich Maar zuversichtlich: Es gebe Anzeichen, dass das Programm zur Vorsorge wirke. So seien die Zahlen jährlicher Neuerkrankungen und Sterbefälle zurückgegangen. Maar: "Offenbar ein Indiz dafür, dass sich die bei der Vorsorgekoloskopie entdeckten Karzinome in einem frühen Stadium befinden."

Christa Maar wiederholte darüber hinaus ihre Forderung, den herkömmlichen Guajak-basierten Stuhltest durch die "klar besseren" immunologischen Tests zu ersetzen.

In einem Interview mit der "Ärzte Zeitung" hatte sie sich kürzlich für einen Referenztest ausgesprochen. Dieser Test sei inzwischen fertig und mit den Herstellern eng abgestimmt worden. Er müsse sich jetzt noch klinisch bewähren, so Maar.

Vier Kategorien plus Sonderpreis

Seit Jahren fordert Professor Jürgen Riemann, Vorsitzender der Stiftung LebensBlicke, ebenfalls die Einsetzung der neuen Tests. Gerade jetzt in der Phase, in der die Detailfragen zum Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz erörtert werden, sei es wichtig, darauf hinzuwirken, dass immunologische Tests eingesetzt werden können und die Kosten von den Gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, sagte Riemann am Rande der Gala im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

In der Kategorie "Beste Präventionsidee" fiel die Wahl auf das Projekt "MACC1 – ein neu identifizierter Biomarker zur besseren Behandlung von Darmkrebs".

Die Professoren Ulrike Stein, Ulrich Rohr und Peter M. Schlag hätten mit dem Projekt, das sie 1996 gestartet haben, neue Maßstäbe gesetzt, sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer in ihrer Laudatio.

In der Kategorie "Medizin und Wissenschaft" ging der Preis an das HNPCC (Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer)-Konsortium. Das Forscherteam konzentriert sich auf den erblichen Darmkrebs ohne Polyposis. Der Preis wurde von Bundesärztekammerpräsident Professor Frank Ulrich Montgomery überreicht.

Mit dem Award "Engagement des Jahres" wurde das "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" ausgezeichnet. Das Bündnis aus über 60 Betriebskrankassen lädt seine Versicherten zur Darmkrebsvorsorge ein und setzt sich für die Einführung des immunologischen Stuhltests ein.

Annette Widmann-Mauz, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, würdigte den Einsatz der Betriebskrankenkassen an der Spitze mit Franz Knieps vom BKK-Dachverband.

Hier ist man zuversichtlich, dass sich am Ende des Jahres über 70 Betriebskrankenkassen an dem Projekt beteiligen werden, sagte Karin Hendrysiak vom BKK Landesverband Nordwest. In dem Projekt werden übrigens auch die neuen immunologischen Tests eingesetzt.

In der Kategorie "betriebliche Prävention" wurden zwei Unternehmen ausgezeichnet: die Deutsche Telekom AG sowie die Raiffeisenbank Obermain Nord.

Die Initiatoren beider Unternehmen betonten, wie wichtig die persönliche Ansprache der Mitarbeiter sei. Überreicht wurden die Preise von Paul Breitner, dem Gesicht der diesjährigen Werbekampagne 2014.

"Düsseldorf gegen Darmkrebs" – seit zehn Jahren engagiert sich die Chirurgin und Chefärztin Professor Gabriela Möslein mit ihrem Verein für die Vorsorge. Sie erhielt den Sonderpreis "nachhaltiges Engagement" von Schauspieler Oliver Wnuk.

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