Darmkrebs-Screening

IQWiG vermisst geeignete Studien

Das IQWiG hat zum Projekt "Bewertung des Nutzens einer Früherkennungsuntersuchung für Personen unter 55 Jahren mit familiärem Darmkrebsrisiko" seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Sein Fazit: Geeignete Studien fehlen, Änderung des bisherigen Screenings sind sorgfältig abzuwägen.

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KÖLN. Ob Menschen, die jünger als 55 Jahre sind und in deren Familien bereits ein Mitglied an Darmkrebs erkrankt ist, von einer Früherkennungsuntersuchung profitieren können, sei unklar, teilt das IQWiG zu seinem Abschlussbericht zum Projekt "Bewertung des Nutzens einer Früherkennungsuntersuchung für Personen unter 55 Jahren mit familiärem Darmkrebsrisiko" mit. Denn geeignete Studien lägen derzeit nicht vor.

In Deutschland ist das Kolorektalkarzinom sowohl bei Männern als auch bei Frauen die zweithäufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache.

Etwa 25 Prozent dieser Fälle träten zwar familiär gehäuft auf, eine konkrete genetische Ursache lasse sich jedoch nur bei etwa 5 Prozent der Erkrankungen feststellen ("hereditäre" Form), erinnert das Institut.

Im Alter von 50 bis 54 Jahren haben alle Versicherten jährlich Anspruch auf einen Okkultbluttest und bei auffälligem Befund auf eine Koloskopie. Ab dem Alter von 55 Jahren können Versicherte wählen, ob sie alle zwei Jahre einen Stuhltest machen oder eine Koloskopie in Anspruch nehmen.

Feste Altersgrenzen auf dem Prüfstand

Das seit April 2013 geltende Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz hat diese festen Altersgrenzen aufgehoben. Stattdessen soll der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) medizinische Kriterien festlegen.

So könnten Personengruppen, die als gefährdet gelten, früher oder häufiger eine Früherkennungsuntersuchung angeboten werden. Auch im Nationalen Krebsplan des Bundesministeriums für Gesundheit wurde empfohlen, die Aufnahme einer sogenannten risikoadaptierten Früherkennung zu prüfen.

Der GBA hat das IQWiG beauftragt, zu prüfen, ob unter 55-Jährige mit an Darmkrebs erkrankten Verwandten ein erhöhtes Risiko haben, selbst zu erkranken, und wie verlässlich sie identifiziert werden können.

Zudem erhoffe sich der GBA Erkenntnisse darüber, welchen Nutzen Menschen mit familiärem Risiko davon haben, wenn sie an einem "modifizierten" Screening teilnehmen, so das IQWiG in seiner Mitteilung.

Damit sei nicht nur gemeint, dass die Tests in jüngerem Alter beginnen: Die Untersuchungen könnten beispielsweise auch in anderen Zeitintervallen stattfinden, oder als erste Maßnahme könnte nicht ein Stuhltest, sondern eine Darmspiegelung eingesetzt werden. Die "hereditären" Formen von Darmkrebs sollten ausdrücklich nicht Gegenstand des Berichts sein.

Risiko bei Darmkrebs in der Familie deutlich erhöht

Wie das IQWiG feststellt, haben unter 55-Jährige mit mindestens einem Fall bei Verwandten ersten Grades ein 1,7- bis 4,1-fach höheres Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, als Gleichaltrige, in deren Verwandtschaft Darmkrebs bislang nicht aufgetreten ist.

Die IQWiG-Wissenschaftler haben auch geprüft, wie zuverlässig sich etwa mithilfe von Fragebögen oder Interviews die familiären Krankengeschichten erheben und damit die Betroffenen erkennen lassen (diagnostische Güte).

Zwar hätten sie zwei Studien in die Bewertung einschließen können, so das IQWiG. Diese ließen aber keine Aussagen zur Gruppe der unter 55-Jährigen sowie zu Fragebögen im Allgemeinen und zu deutschsprachigen Instrumenten im Besonderen zu.

IQWiG: Aussagekräftige Studien für unter 55-Jährige fehlen

Unbeantwortet bleibe auch die Frage, welchen Nutzen eine Screeningstrategie hat, bei der zunächst Personen mit familiärem Risiko identifiziert werden sollen, um ihnen anschließend eine Früherkennungsuntersuchung anzubieten. Denn zu dieser Frage gebe es derzeit keine aussagekräftigen Studien, schreibt das IQWiG.

Auch für Menschen, bei denen bereits ein höheres Risiko für Darmkrebs festgestellt wurde, lägen bisher keine Studienergebnisse zum Nutzen von Screeningmaßnahmen vor.

Wie der Abschlussbericht zeige, sei die Datenlage insgesamt schlecht. Ob es dennoch gerechtfertigt sei, eine sogenannte risikoadaptierte Screeningstrategie einzuführen, müsse sorgsam abgewogen werden, so das Kölner Institut.

Denn solche Tests hätten nicht nur Potenzial für einen Nutzen, sondern auch für einen Schaden. Dies hätten auch die Autoren des Nationalen Krebsplans ausführlich beschrieben.

Ein Schaden könne unter anderem darin bestehen, dass Personen fälschlicherweise der Risikogruppe zugeordnet werden, was für sie unnötig psychisch belastend sein kann. (eb)

Der Abschlussbericht des IQWiG im Web: www.iqwig.de

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