Gemeinsam gegen Darmkrebs

"Wir haben Vorbildcharakter"

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Die Felix Burda Stiftung kämpft seit mehr als einer Dekade für eine bessere Darmkrebsfrüherkennung. Im Interview spricht Dr. Christa Maar, Vorstand der Stiftung, über die Erfahrungen mit immunologischen Tests, die Vorteile des Einladungsverfahrens und warum sie die Versicherten stärker einbinden möchte.

Das Interview führte Peter Leiner

Dr. Christa Maar

'Wir haben Vorbildcharakter'

© Felix Burda Stiftung

Position: Vorstand der Felix Burda Stiftung und Präsidentin des Netzwerks gegen Darmkrebs

Ausbildung: Studium der Kunstgeschichte

Karriere: Drehbuchautorin, Regisseurin und Chefredakteurin

Privates: Ihr Sohn Felix starb 2001 an Darmkrebs

Ärzte Zeitung: Seit mehr als 13 Jahren kümmert sich die Felix Burda Stiftung, die Sie mitbegründet haben und deren Vorstand Sie sind, um das Thema Darmkrebsfrüherkennung. Sind Sie mit dem Erreichten zufrieden?

Dr. Christa Maar: Einerseits ja, weil wir Etliches erreicht haben, etwa, dass per Gesetz jetzt ein Einladungsverfahren eingeführt werden muss und dass es endlich auch die Möglichkeit gibt, familiär belasteten Menschen einen Anspruch auf eine frühere Vorsorge zu geben.

Andererseits hat das Gesetz eine lange Frist gesetzt, bis der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) das Gesetz umsetzen muss. Außerdem weiß man auch noch nicht, wie es umgesetzt werden wird und ob wir es am Ende nicht mit einer Sparversion zu tun haben, die niemanden wirklich glücklich macht.

Eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg hat ergeben, dass immunologische Tests zum Nachweis von Hämoglobin dem enzymatischen Test auf okkultes Blut im Stuhl weit überlegen sind. Die Kosten werden aber gegenwärtig nicht erstattet. Gibt es Signale vom GBA, dass sich das mittelfristig ändern könnte?

Dr. Maar: Der GBA ist offenbar dabei, sich mit dem Thema vertraut zu machen. Grundsätzlich ist es wohl so, dass der immunologische Test ohne eine weitere Nutzenbewertung eingeführt werden kann, da es sich nicht um eine neue Methode, sondern lediglich um eine neue Technik handelt, die auf einer etablierten Methode aufsetzt.

Professor Hermann Brenner vom DKFZ in Heidelberg hat in seiner Studie allerdings auch gezeigt, dass die Ergebnisse der Tests unterschiedlicher Hersteller nicht miteinander vergleichbar sind, weil sie zum Beispiel unterschiedliche Cut-off-Punkte haben.

Wir haben bei einem Münchner Labor angeregt, dass ein Referenztest entwickelt wird, an dem sich die Hersteller immunologischer Tests orientieren müssen. Der Referenztest ist inzwischen fertig, das Verfahren wurde mit einigen großen Herstellern abgestimmt. Jetzt muss der Referenztest sich anhand von Proben aus dem Institut von Professor Brenner noch klinisch bewähren.

In vielen Ländern Europas wird der immunologische Stuhltest inzwischen der Koloskopie vorgeschaltet, weil er einerseits eine dem Guajak-Test vergleichbare Spezifität hat und andererseits zwei- bis dreimal so viele Karzinome findet wie der gegenwärtig von den Krankenkassen vergütete Guajak-Test.

Seit 2002 gibt es die gesetzliche Vorsorgekoloskopie: Wie viele der etwa 20 Millionen Berechtigten nehmen denn inzwischen das Angebot, ab 55 einmal alle zehn Jahre die Untersuchung machen zu lassen, überhaupt in Anspruch?

Dr. Maar: Wir liegen derzeit bei einer Teilnahmerate von zirka 23 Prozent der Anspruchsberechtigten, das sind zwischen fünf und sechs Millionen Personen. Das klingt immer noch nach relativ wenig. Andererseits hat eine Umfrage ergeben, dass zirka 50 Prozent der über 55-jährigen in den zurückliegenden Jahren eine Koloskopie gemacht haben.

Man kann also davon ausgehen, dass in dieser Altersgruppe - wenn man die Koloskopien nach positivem Okkultbluttest, die aus kurativen Gründen durchgeführten und die Koloskopien von Privatversicherten und Personen mit familiärem Risiko dazu zählt - 50 Prozent der Versicherten einen guten Schutz gegen die Entwicklung eines Karzinoms haben. Das ist sicher mit ein Grund dafür, warum die Neuerkrankungen und die tödlich verlaufenden Darmkrebserkrankungen kontinuierlich zurückgehen.

Gibt es bereits Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt der Techniker Krankenkasse (TK) über das Einladungsverfahren zur Darmkrebsvorsorge, das Mitte 2013 in Bayern gestartet wurde?

Dr. Maar: Soviel ich weiß, hat die TK noch gar nicht begonnen. Auch die Barmer GEK macht in Bayern übrigens jetzt ein Einladungsverfahren. Die beiden Projekte sind sehr unterschiedlich. Die Barmer bietet ihren Versicherten einen immunologischen Stuhltest an, die TK hält sich hingegen an die geltende Krebsfrüherkennungsrichtlinie und bietet den alten Guajak-Test an.

Sie hat die Versicherten in drei Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Flyer mit Informationen bekommen. Ein Flyer ist von der TK selber, der andere stammt von der KV Bayern und ein dritter vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Ein Ziel der Studie ist herauszufinden, welcher Flyer am besten ankommt und bewirkt, dass mehr Menschen als in den anderen Gruppen an der Vorsorge teilnehmen.

Die TK knüpft auch eine Ärzte-Fortbildung an ihr Projekt: Wer von den Ärzten teilnehmen will, muss nachweisen, dass er die Fortbildung gemacht hat. Das betrifft vor allem die Hausärzte. Beide Projekte vergüten übrigens das Aufklärungsgespräch über Darmkrebsvorsorge mit den Versicherten extra.

In diesem Jahr konnten Sie unter anderem Dr. Vitali Klitschko und Paul Breitner für die Kampagne der Stiftung gewinnen. Wie groß ist denn die Resonanz etwa unter den Hausärzten auf Aktionen mit Prominenten?

Dr. Maar: Das lässt sich nicht messen. Ich denke aber, dass die Ärzte die Kampagne positiv aufnehmen. Wenn Sie sehen, was die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft sich als Kampagne zur Krebsfrüherkennungskampagne ausgedacht haben - Fernsehspots, Plakate und Anzeigen mit dem Fußballer Lukas Podolski - muss man sagen: Wir haben offenbar Vorbildcharakter.

Welches Ziel haben Sie sich als Nächstes gesteckt?

Dr. Maar: Die Felix Burda Stiftung und das Netzwerk gegen Darmkrebs werden gemeinsam im kommenden Mai im GBA einen nicht öffentlichen Experten-Workshop mit Mitgliedern des GBA sowie Vertretern der Krankenkassen und des Gesundheitsausschusses des Bundestags veranstalten.

Da wird es unter anderem darum gehen, wie bei der Einführung des Einladungsverfahrens die Information für die Versicherten aussehen soll, welche Tests angeboten werden, wie die Risikogruppen mit familiärem und erblichem Darmkrebs identifiziert und beraten werden können und wie die Qualität der eingesetzten Testverfahren sichergestellt werden kann.

Ein wichtiges Thema ist für uns auch die Verbesserung der Vorbereitung auf die Koloskopie. Bei etwa 25 Prozent der Menschen, die zur Darmspiegelung kommen, ist der Darm nicht ausreichend sauber und die Untersuchung deshalb nicht so sicher, wie sie sein könnte.

Ein weiteres Thema, das uns am Herzen liegt, ist die informierte Entscheidung: Wie informiert man Menschen so, dass sie tatsächlich verstehen, was auf sie zukommt und in der Lage sind, sich informiert zu entscheiden? Das ist eine Frage, die gegenwärtig breit diskutiert wird, ohne dass man bisher den idealen Weg gefunden hat.

Wichtig ist hierbei vor allem auch, dass man diejenigen zu Wort kommen lässt, die es betrifft: die Versicherten. Sie sind es vor allem, die sagen müssen, wie eine verständliche Information aussehen und gestaltet sein sollte.

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