Lachen gegen Krebs

In Kliniken oder Pflegeheimen gibt es oft nicht viel zu lachen. Krankheiten bestimmen den Alltag. Mit seiner Stiftung "Humor hilft heilen" unterstützt Dr. Eckart von Hirschhausen Clownärzte, die Kranken ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.

Von Johanna Dielmann-von Berg Veröffentlicht:

MAINZ. "Tok, tok, tok". Das zaghafte Klopfen unterbricht die Stille im Krankenhauszimmer. Mit großen Augen blickt Selin zur Tür. Durch den Spalt strecken sich ihr zwei Gesichter mit leuchtend roten Clownsnasen entgegen.

"Dürfen wir reinkommen?" "Ja", juchzt die Vierjährige vor Freude. In der nächsten Viertelstunde wird die kleine Krebspatientin ihre schwere Krankheit kurzzeitig vergessen können.

Zum ersten Mal besuchen die Clownärzte von "Dr. mad. Clown" die onkologische Station der Kinderklinik Universitätsmedizin Mainz. Zusammen mit Dr. Eckart von Hirschhausen drehen sie hier einen Film über die Arbeit der Stiftung "Humor hilft heilen" (HHH).

"Wir klopfen immer an. Das ist wichtig, wenn es einem Kind nicht gut geht und es lieber allein sein möchte," erklärt dazu der Arzt und Comedian von Hirschhausen.

Mit einem lauten "Rumps" öffnet sich Selins Zimmertür und Dr. Horst Holterpolter rollt in einem Wäschewagen herein.

Gleich rümpft er die Nase und zieht dann ein mehr als handgroßes Stück Emmentaler aus seiner bunt gemusterten Kitteltasche. "Hier stinkt es nach Käse", stellt er kritisch fest und riecht abwechselnd an Selins Füßen und dem Plastikkäse.

Stiftung unterstützt 50 Projekte

"Nein, du hast Käsefüße", entgegnet die Vierjährige und wälzt sich laut lachend auf ihrem Bett. Kleine Späße wie dieser vertreiben für den Moment Ernst, Unwohlsein und Ängste aus den Zimmern im Krankenhaus.

Und darum geht es bei "Humor hilft heilen". "Die Kinder sollen sich auch an schöne Momente in der Klinik erinnern können", sagt von Hirschhausen.

Dass Clowns noch lange positiv in Erinnerung bleiben, belegen etwa Befragungen von Patienten mit Mukoviszidose. "Noch Jahre nach der Entlassung sagen viele: Ich hab mich immer auf den Donnerstag mit den Clowns gefreut", so der Kabarettist.

Vor drei Jahren hat er die Stiftung gegründet, um kranken Menschen ein Lachen zu spenden. Seitdem konnten mit Spenden über 50 Projekte unterstützt werden.

Früher war von Hirschhausen auch als Zauberer auf Clownsvisite wie heute Dr. Horst Holterpolter und dessen Kollegin Dr. Rosa Bobbele.

Die beiden "behandeln" schon den nächsten Patienten. Schneiden Grimassen, stolpern über Mülleimer oder verwandeln mithilfe einer Zeitung Wasser in Milch. Neugierig verfolgt der siebenjährige Dimitrios, wie von Hirschhausen unter einen leeren Silberbecher erst eine Zitrone und dann einen Tennisball zaubert.

"Man denkt immer, die können gar nicht richtig zaubern, aber ich weiß nicht, wie die das gemacht haben", sagt er. Seit Tagen freut er sich schon auf heute, berichtet seine Mutter Evi. Sie steht ihm Tag und Nacht zur Seite.

"Für uns Eltern ist es schwer, die Kinder rund um die Uhr zu beschäftigen. Da sind die Clowns eine willkommene Ablenkung", sagt sie.

Auch Ärzte werden geschult

Um den Klinikalltag aufzulockern, unterstützt die Stiftung nicht nur bestehende und neue Clowngruppen, sondern auch die Schulung von Ärzten und Pflegekräften.

Auch den Mainzer Krankenschwestern verrät von Hirschhausen ein paar Tricks: Die roten Nasen können leicht zwischen kleinem und Ringfinger versteckt werden, sodass man sie am Ohr des Patienten hervorzaubern kann.

Auch die Angst vor medizinischen Utensilien lässt sich spielend durchaus mindern. "Handschuhe kann man aufblasen wie einen Luftballon, den kennen die Kinder", erklärt der Kabarettist. "Wenn man dann noch ein fröhliches Gesicht darauf malt, dann hat das nichts Bedrohliches mehr."

Um die Zeit zwischen den Clownvisiten künftig zu überbrücken, möchte die Stiftung den mit ihrer Hilfe entwickelten Spielekoffer für Kinder neu aufbereiten. Diesen soll dann das Klinikpersonal benutzen können.

Einen ähnlichen Koffer besitzen Dr. Bobbele und Dr. Holterpolter. In ihrer braunen Tasche haben sie Zauberbecher, Luftballons oder bunte Tücher.

Die Clown sollen öfter kommen

Als nächstes sollen sie Lukas aufmuntern. Doch die Vorfreude wird getrübt. Die Blutwerte des Elfjährigen sind auf einen kritischen Wert gesunken.

Aber Stationsleiter Dr. Jörg Faber gibt dem Wunsch des Jungen nach: "Eine kleine Gruppe darf mit Mundschutz ins Zimmer." "Dann können wir ihm erst recht etwas Gutes tun", antwortet von Hirschhausen.

Er ist von den positiven Effekten des Lachens überzeugt und fördert mit der Stiftung auch wissenschaftliche Studien. Recht gut belegt sei die energetische Wirkung von Lachen, sagt er.

Es entspanne und der Cortisolspiegel sinke. Sichtlich erschöpft von der Krebserkrankung, aber glücklich, genießt Lukas die Zaubershow. Für ihn steht fest: "Die Clowns sollen für meine Freunde und mich öfter kommen."

Bei seinem Arzt Faber trifft das auf offene Ohren. Er möchte, dass die Clowns künftig auch die Kinderonkologie besuchen und nicht nur wie bisher die Kinderstation.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Notfall

Heizungsausfall an Heidelberger Uni-Klinik

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Ibuprofen plus Paracetamol

Metaanalyse: Duale Medikation senkt Fieber von Kindern effektiv

Vertreterversammlung

KBV fordert kompletten Neustart in der Gesundheitspolitik

cVDPV2 im Abwasser

Erneut Polioviren in deutschen Städten gemeldet

Lesetipps
Seit Dezember 2023 regelhaft möglich in Deutschland: die Krankschreibung per Telefon.

© Christin Klose/dpa-tmn/picture alliance

Umfrage unter gut 1000 Beschäftigten

Jeder dritte Arbeitnehmer hat bereits Gebrauch von der Tele-AU gemacht

Eine gute Behandlungsqualität braucht vor allem auch gute Ausbildung. Dafür müssen aber die personellen Ressourcen in den Kliniken gegeben sein.

© Robert Kneschke / stock.adobe.com

Kolumne „Hörsaalgeflüster“

Klinikreform: Zwischen Bundesrat und Bettkante