Medizinhistoriker

Lernen aus der Pandemie – für den Klimawandel

Der Medizinhistoriker Heiner Fangerau mahnt eine Aufarbeitung dessen an, was in der Corona-Pandemie gut und was schlecht gelaufen ist. Denn die Geschichte der Seuchen halte Lehren bereit.

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Die Corona-Pandemie ist keineswegs ein „großer Gleichmacher“ – sondern hat die Ärmsten am härtesten getroffen, sagt der Historiker Professor Heiner Fangerau. Und mit dem Klimawandel steht bereits eine weitere – noch viel größere – Herausforderung an.

Die Corona-Pandemie ist keineswegs ein „großer Gleichmacher“ – sondern hat die Ärmsten am härtesten getroffen, sagt der Historiker Professor Heiner Fangerau. Und mit dem Klimawandel steht bereits eine weitere – noch viel größere – Herausforderung an.

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Bonn. Aus den Erfahrungen der Corona-Pandemie lässt sich nach Worten des Medizinhistorikers Professor Heiner Fangerau für den Umgang mit dem Klimawandel lernen. Es brauche eine Art grundlegende Evaluation, sagte der Düsseldorfer Wissenschaftler am Mittwoch bei einer Tagung des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) in Bonn.

Sie müsse Fragen klären wie die, warum Deutschland trotz vorliegender Pandemiepläne schlecht auf das Coronavirus vorbereitet gewesen sei, warum zu Beginn der Pandemie bisweilen Desinfektionsmittel aus Krankenhäusern gestohlen worden sei oder warum Schüler gescherzt hätten, endlich gebe es Seife auf den Schultoiletten.

Lernen aus der Geschichte der Seuchen

Zugleich habe die Pandemie gezeigt, dass die Weltgemeinschaft viel bewegen könne, betonte Fangerau. Für den Klimawandel gelte ebenso wie für COVID-19: „Wir müssen verstehen, dass wir alle davon betroffen sind.“ Anfangs sei es so erschienen, als könne Corona „der große Gleichmacher“ sein und würde diejenigen stärker betreffen, die es sich leisten konnten, weltweit unterwegs zu sein. „Schnell ist jedoch klar geworden, dass wieder die Armen am stärksten betroffen waren“, so der Historiker.

Aus der Geschichte der Seuchen hätte sich lernen lassen, dass bestimmte Materialien vorgehalten werden müssten, fügte Fangerau hinzu. Für das Zurückfahren von Infrastruktur gebe es historische Vorbilder, „die zeigen, dass man es damit nicht zu weit treiben sollte“. Zugleich hätten Epidemien auch stets Anstöße für Investitionen gegeben: So hätten die Städte im Zuge der Cholera im 19. Jahrhundert die Kanalisation massiv ausgebaut.

Es wurden immer Sündenböcke gesucht

Die Geschichte sei keine „Grabbelkiste“ für Versatzstücke, aus denen sich etwas lernen lasse, erklärte der Historiker. Es gebe jedoch viele Parallelen, die die Menschen vergessen hätten. Er verwies auf die „Skandalisierung“ von Krankheiten wie der Cholera oder auch HIV/Aids.

Ähnliches habe die Berichterstattung mit Begriffen wie der „britischen Mutante“ oder Schlagzeilen wie „made in China“ im Bezug auf das Coronavirus bewirkt. Die Neigung, andere für eine Krankheit verantwortlich zu machen, ziehe sich durch die gesamte Seuchengeschichte.

Heute habe sich die Kommunikation beschleunigt, sodass Debatten schneller eskalieren könnten, sagte Fangerau weiter. Die Geschichte habe jedoch zugleich gezeigt, dass gesundheitliche Aufklärung Erfolg haben könne. Auch dies verdeutliche insbesondere das Beispiel HIV/Aids. (KNA)

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