Mathe-Unterricht mit Aila macht Spaß
Immer mehr Pädagogen setzen Schulhunde im Unterricht ein - bundesweit sind es bereits mehr als 1000. Lehrer sind zunehmend überzeugt. Es gibt viele Gründe, dass dieses Konzept bei Kindern gut ankommt.
Veröffentlicht:BERLIN. Er darf keinen Hang zum Beißen haben, muss absolut verträglich mit Kindern sein und er sollte ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen haben: Schulhunde müssen im Vorfeld hohe Hürden nehmen, bevor sie in Klassen eingesetzt werden.
Doch es gibt genügend Vierbeiner, die dieses Anforderungsprofil erfüllen. Das pädagogische Konzept, Schulhunde im Unterricht einzusetzen, wird in Deutschland zunehmend populär.
Wie viele Dosen Schlappi frisst Aila in zwei Tagen?
Schulhund Aila etwa war vor einem Jar "Lieblingslehrer" der damaligen Klasse 3c. der Grundschule "Friedrichsstrasse" in Wittlich (Rheinland-Pfalz) hochspringt, schallen ihr frohe Kinderstimmen entgegen: "Der Hund hat die ganze Klasse positiv verändert", so Anna Schmitt, die 28-Jährige Klassenlehrerin.
Doch Aila kann weitaus mehr, als die Acht- bis Zehnjährigen für Hunde zu begeistern. "Der Hund habe es geschafft, dass sich alle Kinder gut in die Klasse integriert haben", sagt Schmitt.
Spaß mache auch das "Hunde-Rechnen": Aila isst am Tag zwei Dosen "Schlappi". Wie viel isst sie an zwei Tagen? Auch das "Hunde-Diktat" macht den Schülern Freude.
Schulhunde werden in Deutschland immer öfter eingesetzt. Die Gründerin von "Schulhundweb", Lydia Agsten, geht davon aus, dass es bundesweit inzwischen mindestens 1.000 sind.
"Die Hälfte ist in Regelschulen, vor allem Grundschulen, im Einsatz, die andere Hälfte in Förderschulen", sagt die Lehrerin im nordrhein-westfälischen Iserlohn, die selbst zwei Hunde ins Klassenzimmer mitnimmt. "Der Hund schafft eine gute Lernatmosphäre." Und habe "bessere Antennen für die Stimmung der Menschen".
Agsten hat im vergangenen Jahr die erste Schulhundkonferenz in Dortmund organisiert. Die Internet-Homepage schulhundweb.de zeigt: In vielen Bundesländern vernetzen sich Pädagogen, die von diesem Konzept absolut überzeugt sind.
Schüler sind leise und diszipliniert
Auch Grundschullehrerin Gabriele Oswald-Hannemann aus Oberwiesen in der Pfalz ist begeistert, was ihre Hunde im Klassenraum bewirken. "Die Kinder gehen miteinander ganz anders um und kümmern sich um den Hund", sagt die Lehrerin an der Grundschule in Kirchheimbolanden.
Der Boden ist immer blitzsauber, damit "Nala" - übrigens die Mutter von Aila - und "Luena" nichts Gefährliches fressen. "Bei uns liegt kein Spitzer oder Dreck herum", sagt Oswald-Hannemann, die seit vier Jahren jeden Tag einen Hund zum Unterricht bringt. Jacken hängen auch nicht über den Stühlen. Und leise sind die Schüler auch. "Weil sie wissen, dass ein Hund alles viel lauter hört."
Trotz aller Vorteile, die ein Schulhund hat: "Nicht jeder Hund ist dafür geeignet", sagt Expertin Agsten. Wenn ein Hund überfordert oder nicht richtig ausgebildet sei, sei das schlecht für Hund und Kinder. "Das Tier braucht beispielsweise auch einen Ruheplatz, wohin es sich in der Klasse zurückziehen kann."
Und der auch für Kinder tabu ist. Beliebte Schulhund-Rassen seien Border Collies und Australian Shepherds. Agsten schätzt, dass der Trend zum Schulhund auch eine "Gegenentwicklung zur Technisierung" ist. "Wir Menschen brauchen auch Natur und Tiere."
Jeder Lehrer, der einen Schulhund einsetzt, sollte vorher ein Konzept entwickelt haben, meint Grundschullehrerin Schmitt. Außerdem sei eine Grundausbildung plus Besuch einer Hundeschule nötig.
Den Erfolg sieht man bei Aila: Sie gibt Pfötchen, klatscht ab und erschnüffelt einen versteckten Stoff-Igel, den die Kinder versteckt haben - wenn es dafür Leckerlis gibt. Alle Kinder machen begeistert mit. "Der Hund hat keine Erwartungen an die Kinder. Er nimmt sie, so wie sie sind. Mit ihren Problemen und Unterschieden", sagt Schmitt.
Die Hunde brauchen ein ruhiges Wesen
Ein Hund, der regelmäßig mit in der Schule ist, um einen Lehrer bei seiner pädagogischen Arbeit zu unterstützen, muss einige Grundbedingungen erfüllen, damit es zu keinen Problemen kommt. Er darf keinerlei aggressive Ausstrahlung haben, muss am Menschen orientiert sein, sollte gehorsam sein und ein ruhiges Wesen haben.
Weitere Voraussetzungen: Kein Herdenschutztrieb, absolut verträglich mit Kindern, keinerlei Beißansätze. Das Tier darf auch nicht bellfreudig und nicht unsicher sein.
Die Kinder können sich Schule ohne Aila gar nicht mehr vorstellen. Auch die Pause schmeckt der Hündin: Dann liegt sie hinterm Lehrerpult auf einem Stuhl und zerkaut genüsslich einen Knochen. (dpa/eb)