Aufarbeitung der NS-Zeit

Neun Wissenschaftler ausgezeichnet

Für ihre Arbeiten zur Rolle der Medizin während der NS-Diktatur erhielten neun Wissenschaftler Forschungspreise.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Vor Gericht: Nazi-Ärzte 1946 in Nürnberg.

Vor Gericht: Nazi-Ärzte 1946 in Nürnberg.

© dpa

BERLIN. Es ist ein Preis gegen das Vergessen: Bereits zum vierten Mal haben das Bundesministerium für Gesundheit, die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den Forschungspreis für historische Aufarbeitung der Rolle der Ärzte im Nationalsozialismus verliehen.

Der Preis ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert. Ausgezeichnet werden wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte der Ärzte während der NS-Diktatur. "Es ist wichtig für eine lückenlose Aufklärung zu sorgen - und Verantwortung zu übernehmen", sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery anlässlich der feierlichen Preisverleihung am Freitag in Berlin.

Es geht dabei vor allem um das Gedenken an Schicksale wie das der jungen Anna, die am 7. März 1940 mit gerade einmal 25 Jahren im Zuge der T-4 Aktion als Patientin in einer Heil- und Pflegeanstalt Bedburg-Hau (Nordrhein-Westfalen) in der Gaskammer von Grafeneck ermordet wurde.

Sigrid Falkenstein erhielt zusammen mit Professor Frank Schneider (Mitarbeit an dem Projekt) für die monografische Arbeit über das Leben von Anna einen der zwei Sonderpreise.

Die Jury, die sich aus Vertretern des Zentralrates der Juden in Deutschland, des Bundesverbandes Jüdischer Ärzte und Psychologen in Deutschland, BÄK und KBV sowie einem vom BMG benannten Vertreter zusammensetzt, vergab insgesamt zwei Haupt- und zwei Sonderpreise.

Wanderausstellung über Berlin-Schöneberg

Die Dissertation von Dr. Karl-Werner Ratschko widmet sich der Rolle der Medizinischen Fakultät in Kiel während der NS-Zeit. Für die detailgenaue Beschreibung, wie eine Fakultät von nationalsozialistischer Propaganda durchdrungen und zu deren Instrument wurde, zeichnete die Jury die Arbeit mit einem Hauptpreis aus.

Der zweite Forschungspreis ging an Matthis Krischel (Friedrich Moll, Julia Bellmann, Albrecht Scholz (†), Dirk Schultheis). Sie legten einen Doppelband zur Fachgeschichte der Urologie in Deutschland und Österreich im Nationalsozialismus vor.

Hier lobte die Jury vor allem die Mischung aus biografischen Kurzdarstellungen und exemplarischen Lebensbildern von Opfern und Tätern.

Dr. Ruth Jacob erhielt für ihre Arbeit über jüdische Ärzte in Schöneberg den zweiten Sonderpreis der Jury.

Die Entscheidung wurde wie folgt begründet: Die von ihr konzipierte Wanderausstellung dokumentiere anhand des Stadtviertels Schöneberg in Berlin eine "Topografie der Vertreibung", die auch andere Städte dazu motivieren sollte, eine historische Aufarbeitung der Rolle der Ärzte zur NS-Zeit zu beginnen.

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