Öko-Schuhe aus Äthiopien sind voll im Trend

Schuhe aus abgefahrenen Reifen einer kleinen Firma in Äthiopien haben einen Erfolgszug um die Welt angetreten. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 50 Leprakranke und gibt nicht nur ihnen eine Lebensperspektive.

Von Carola Frentzen Veröffentlicht:
Alte und abgefahrene Gummireifen werden für die Produktion der Öko-Schuhe in Äthiopien benötigt.

Alte und abgefahrene Gummireifen werden für die Produktion der Öko-Schuhe in Äthiopien benötigt.

© dpa

ADDIS ABEBA. Schuhe aus alten Lkw-Reifen haben eine lange Tradition in Äthiopien. Denn in diesem Teil der Welt wurde aus lauter Not schon recycelt, als das Konzept in Europa noch fremd war. Auch die Rebellen, die 1991 den kommunistischen Diktator Mengistu stürzten, waren auf Gummisohlen in den Krieg gezogen.

"Was anderes konnten sie sich nicht leisten", sagt Bethlehem Tilahun Alemu. Vor rund sieben Jahren hat sie die Idee aufgegriffen, weiterentwickelt und modernisiert. Heute leitet die 31-Jährige in Addis Abeba eine der wenigen Schuhfirmen mit Fairtrade-Siegel. Auch in Trendsetter-Metropolen wie New York und London sind die aus recycelten oder natürlichen Materialien hergestellten Reifen-Treter ein Renner.

"soleRebels" - Sohlenrebellen - heißt die Marke. Ihre Erfolgsgeschichte zeigt, dass sich auch eins der ärmsten Länder der Welt durchaus auf dem Modemarkt etablieren kann. Mit fünf Angestellten und ihrer Familie hat Alemu die Firma 2005 aus der Taufe gehoben.

55 Mitarbeiter sind ehemalige Lepra-Kranke

Heute sind 300 Menschen an der Zulieferung und der Produktion beteiligt, die Hälfte von ihnen sind Frauen. 55 Mitarbeiter sind ehemalige Lepra-Kranke. Obwohl sie teilweise Finger und Zehen verloren, sind sie laut Alemu begabte Baumwollweber und verfügen mittlerweile über ein geregeltes Einkommen.

"Unsere Belegschaft verdient ein faires Gehalt und stellt die Schuhe zu 100 Prozent mit der Hand her, so dass wir keinen CO2-Fußabdruck hinterlassen", erklärt die hübsche Unternehmerin. Auf der "Arme-Leute"-Sohle prangen hippe Oberschuhe aus in Äthiopien produzierten Materialien wie Jute, Leder oder Baumwolle.

Das vielfältige Sortiment umfasst unter anderem Flipflops, Slipper, Schnürschuhe und Stiefel.

Erst vor einigen Monaten hat soleRebels erstmals ein Geschäft in Addis Abeba eröffnet, eine schmucke Boutique im Einkaufszentrum "Adams Pavillion". Denn die fairen Schuhe sind vor allem ein Exportschlager, der sich mittlerweile in 33 Ländern weltweit einen Namen gemacht hat.

99 Prozent der Produkte werden ins Ausland geliefert, über 70.000 Paar wurden bisher fabriziert. In Deutschland kann man die Schuhe vom Horn von Afrika etwa über das Internet bestellen. Mit Preisen zwischen 450 und 800 Birr (20 und 35 Euro) sind die feschen Öko-Treter für viele Äthiopier zu teuer.

"soleRebels" möchte eine Art "äthiopische Nike" werden

"Ich bin immer noch ganz aufgeregt, wenn ich in New York bin und Leute sehe, die unsere Schuhe tragen", sagt Alemu. "Das Erfolgsgeheimnis ist, dass wir uns wie eine amerikanische Firma verhalten und für unser Marketing die verschiedensten Medien benutzen." Eine Art "äthiopische Nike" möchte soleRebels werden. Dabei hatte es einst alles so klein begonnen.

Bethlehem Alemu stammt aus der Gemeinde Zenabwork am westlichen Stadtrand von Addis Abeba. Ein armer Ort mit 5000 Einwohnern, in dem es für die Menschen kaum Arbeitsplätze und somit auch kaum Hoffnung gab.

"Ich dachte mir: Wir müssen ein lokales Produkt herstellen, mit lokalen Materialien, um dieses Bild zu verändern, dass Äthiopien nur aus Elend und Bettlern besteht", sagt die Mutter von drei Kindern.

Also begann sie um die Welt zu reisen, in die USA, nach England und China, und die dortigen Schuhmärkte und deren Designs zu studieren. Was sie sah und lernte, mischte sie mit äthiopischer Kultur, so etwa den traditionellen Selate Shoes.

US-Firma wurde erster Abnehmer der Öko-Schuhe

Aber sie peppte die Stoffschuhe auf, brachte Farbe ins Konzept. "Das Schwierigste war es am Anfang, Kunden im Ausland von der Qualität unserer Produkte zu überzeugen."

Aber es gelang: Eine US-Firma glaubte an das Potenzial der Öko-Schuhe und wurde zum ersten Abnehmer.

"Ich möchte mit meiner Arbeit etwas bewirken, etwas verändern, und behandele meine Firma deshalb wie ein Baby, um das ich mich ständig kümmere", erzählt Alemu, die bereits mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen geehrt und 2011 in die Forbes-Liste der 20 jüngsten afrikanischen "Power Women" aufgenommen wurde. (dpa)

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