Rabattverträge verändern Arzneimarkt

Warum ändert sich die Packung, warum die Farbe der Pille? Diese Fragen mussten Ärzte seit April 2007 immer wieder GKV-Versicherten beantworten. Grund: Durch die Rabattverträge bekommen sie oft nur die Präparate, für die ihre Kasse einen Vertrag abgeschlossen hat.

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Die Zusammenarbeit von Ärzten und Apotheken wird schwieriger.

Die Zusammenarbeit von Ärzten und Apotheken wird schwieriger.

© Klaro / sth

1. APRIL 2007. Geringfügige Veränderung im Text zum GKV-Wettbewerbs-Stärkungsgesetz, große Auswirkung auf das Verordnungsverhalten der Ärzte: Zwar sind Arzneimittel-Rabattverträge schon seit 2003 möglich, doch erst die Gesundheitsreform 2007 bringt den Durchbruch. Liegt ein Rabattvertrag vor, dann muss der Apotheker seit April 2007 ein Präparat abgeben, für das die Kasse des Versicherten einen Rabattvertrag geschlossen hat.

Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arzt Aut-idem auf dem Rezept angekreuzt hat. Mit der Neuregelung der Rahmenbedingungen für Verordnungen von Arzneimitteln der GKV-Versichertenwill der Gesetzgeber die Arzneimittelkosten senken.

Die AOK Baden-Württemberg plant, mit der Ausschreibung von Wirkstoffen für die Jahre 2008 und 2009 "bis zu zwei Millionen Euro pro Tag sparen", wie der damalige AOK-Vize Dr. Christopher Hermann erklärt.

Niedergelassene Ärzte sind unmittelbar von Rabattverträgen betroffen. Zum einen haben Rabattverträge Ärzten vor allem in der ersten Jahreshälfte 2007 erheblich mehr Bürokratie beschert.

Grund war die fehlende Transparenz darüber, für welche Präparate Rabattverträge vorliegen und welche Kasse sie geschlossen hat. Zusätzlich werden gerade ältere Patienten verwirrt, wenn sie in der Apotheke neue oder ständig wechselnde Packungen erhalten.

Kostengünstiger Einstieg für Generika-Hersteller aus dem außereuropäischen Markt

Diese Regelung hat innerhalb weniger Monate zur Auflage von über 7500 Rabattverträgen geführt. Im Dezember 2010 gibt es 12.390 Rabattverträge nach Paragraf 130a SGB V.

Um Ärzte einzubinden, hat der Gesetzgeber Anreize geschaffen. Dazu gehört, dass eine Verordnung nicht von der - bald wieder abgeschafften - Bonus-Malus-Regelung erfasst wird, wenn dabei eine rabattierte Arznei abgegeben wird.

Die Verordnung eines Rabatt-Präparats galt somit per se als wirtschaftlich. Das war wirksam: So schlossen die Vertragsärzte im Schnitt nur etwa bei 14 Prozent der Verordnungen den Austausch eines Präparats durch den Apotheker aus, indem sie das Aut-idem-Kästchen ankreuzen.

Die generelle Verpflichtung der Apotheker, Rabattarzneimittel abzugeben, krempelte den Generika-Markt um und intensivierte den Wettbewerb. Es war der kostengünstige Einstieg für bis dahin in Deutschland völlig unbekannte Generika-Hersteller auch aus dem außereuropäischen Markt.

Wer als Hersteller mit einem günstigen Rabattangebot den Zuschlag einer Kasse oder einer Kassenart erhielt, bekam - ohne weitere Marketingkosten - fast eine Absatzgarantie auf Kosten etablierter Generika-Hersteller.

2011 gibt es für 61 Prozent der im patentfreien GKV-Markt abgegebenen Arznei-Packungen einen Rabattvertrag.

Marktforscher schätzen die Einsparung der Kassen auf 1,12 Milliarden Euro. (bee /HL)

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