Karrierekiller Kind

Ärztinnen sehen sich benachteiligt

Fast jede zweite angehende Ärztin will Karriere machen. Doch zwei Drittel glauben, dass ihnen dabei Kinder und Familie im Weg stehen. Auch ihren Arbeitgebern stellen die rund 2800 Befragten ein schlechtes Zeugnis aus.

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NEU-ISENBURG. Wunsch und Wirklichkeit klaffen beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Ärztinnen weit auseinander. Das zeigt eine Umfrage des Hartmannbundes, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Rund 2800 Frauen haben an der Befragung teilgenommen, davon 79 Prozent Medizinstudentinnen und 21 Prozent Ärztinnen.

So strebt zwar etwa jede Zweite einen Posten als Ober- oder Chefärztin an. Doch nur ein Drittel glaubt, ihr Karriereziel auch während oder nach einer Teilzeittätigkeit erreichen zu können.

39 Prozent antworten dazu mit "Vielleicht", ein Viertel mit "Nein". Zudem gehen zwei Drittel der Frauen davon aus, dass sie nicht die gleichen Chancen haben wie Ärzte, die angestrebte Karriere zu realisieren.

Ein geringer Anteil - drei Prozent - hat bereits auf Kinder zugunsten der Karriere verzichtet. Weitere 45 Prozent glauben, dass sie dies tun müssten. Aber auch 51 Prozent sind der Meinung, dass ein Verzicht nicht notwendig ist.

Die Arbeitgeber und Ausbildungsstätten wurden von den Befragten überwiegend schlecht beurteilt, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft.

Nur sechs Prozent der Ärztinnen gaben an, der Arbeitgeber habe diese Problematik erkannt und reagiert. Etwa jede Zweite antwortete, der Arbeitgeber nehme das Thema nicht wahr. Aber immerhin 41 Prozent sind offenbar um Veränderungen "bemüht".

Flexible Arbeitszeitmodelle gefragt

Einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen aus Sicht der Ärztinnen vor allem familienunfreundliche Arbeitsbedingungen (70 Prozent) entgegen. Weitere Hindernisse seien eine fehlende Bereitschaft (68 Prozent), Strukturen zu verändern, und auch die Hierarchie (59 Prozent) - leitende Oberärzte und Chefärzte sind überwiegend Männer.

Hinzu kommt eine fehlende Kinderbetreuung wie eine Klinik-Kita (57 Prozent). Noch 55 Prozent der Frauen machen traditionelle Rollenmuster als Ursache aus.

Im Umkehrschluss sehen Ärztinnen insbesondere flexible Arbeitszeitmodelle (89 Prozent) und arbeitszeitkompatible Kinderbetreuungsangebote (86 Prozent) als Lösung an. Auch Wiedereinstiegsprogramme nach der Elternzeit und Teilzeitmodelle für Führungskräfte wie Jobsharing sind gefragt.

Der Hartmannbund sieht aber nicht nur Arbeitgeber und die Politik in der Pflicht. Verbandschef Dr. Klaus Reinhardt fordert auch ein Umdenken in den Familien.

"Um Frauen wirklich gleiche Karrierechancen innerhalb der ärztlichen Laufbahn zu gewährleisten, braucht es auch ein anderes Rollendenken in der Partnerschaft und mehr Akzeptanz für Männer, die sich für Vaterschaftsurlaub und Teilzeit entscheiden." (jvb)

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