Niedersachsen

Alternativer Medikationsplan

Hausärzte können AOK-Patienten, die acht oder mehr Medikamente erhalten, künftig gegen Extra-Honorar beraten.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

HANNOVER. Niedersächsische Hausärzte, die an der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) der AOK des Landes teilnehmen, können künftig mehr Geld für die Arzneimittelberatung ihrer AOK-Patienten erhalten.

Hausärzte, Apotheker und die AOK Niedersachsen starten im Februar ein entsprechendes gemeinsames Projekt für mehr Arzneimitteltherapiesicherheit. Das teilt der Hausärzteverband Niedersachsen mit.

Danach erhält der Arzt 60 Euro extra, wenn er HzV-Patienten der AOK ab 65 Jahre berät, die acht oder mehr Wirkstoffe verschrieben bekommen haben. Alternativ kann der Hausarzt die Beratung auch an einen speziell weitergebildeten Apotheker delegieren, vorausgesetzt, der Patient ist einverstanden. Dann erhält der Apotheker das Honorar von 60 Euro und der Hausarzt immer noch 20 Euro. Nach Angaben der AOK Niedersachsen waren Anfang Januar dieses Jahres fast 657.000 Patienten in die HzV eingeschrieben.

Die Patienten werden von der AOK ausgesucht, und die Kasse liefert dem teilnehmenden Hausarzt die Arzneimittelinformationen. Dem muss der Patient allerdings zuvor per Einschreibung in die Beratung zugestimmt haben. Dann müssen zwei Wochen Widerrufsfrist verstreichen und erst dann kann die Beratung beginnen.

Ist die Beratung abgeschlossen, "wird das Ergebnis gegebenenfalls vom Apotheker an den Hausarzt zurückgespielt", sagt Niedersachsens Hausärztechef Dr. Matthias Berndt. "Eventuelle Anpassungen oder Priorisierungen bei der Medikamenteneinnahme nimmt der Hausarzt vor."

Die Initiatoren versprechen sich von dem Vertrag eine größere Arzneimittelsicherheit. "Wenn die Apotheke berät, werden auch die OTC Präparate berücksichtigt und die Arzneimittel, die der Patient beispielsweise von einem Facharzt verordnet bekam", sagt Carsten Sievers, Sprecher der Ärztekammer Niedersachsen der "Ärzte Zeitung". "Vermeidbare Medikationsfehler sind in Niedersachsen für etwa 50.000 Krankenhausnotaufnahmen jährlich ursächlich", hieß es.

Der niedersächsische Landesapothekerverband erklärt auf Anfrage: "Wir hoffen mit diesem Vertrag einen Grundstein für die Apotheker- und Arzt-basierte Polymedikationsberatung zu legen."

Allerdings wird der Vertrag nur wenige Wochen vor dem Start des bundeseinheitlichen Medikationsplans vorgelegt, der ab April Pflicht wird. Anders als der Medikationsplan beziehe sich die Vereinbarung auf die Polymedikationsberatung für Patienten, die mehr als acht Wirkstoffe einnehmen, so der Apothekerverband.

"Die Zusammenarbeit in Niedersachsen soll keine Alternative zum Medikationsplan darstellen", betont denn auch Hausärztechef Berndt. Gleichwohl sei der Plan ein "Symbol geworden für die Abhängigkeit der Ärzte von der Softwareindustrie", wie Berndt mit Blick auf die Zusatzkosten kritisiert, die manches Softwarehaus für das Modul des Medikationsplanes in der Praxis-EDV verlangt.

Das niedersächsische Modell indessen würde "zunächst mit sehr wenigen Patienten starten, um zu sehen, wie es funktionieren kann", sagt Berndt.

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