Debatte um Selbsttötung

Annette Kurschus: Suizidbeihilfe in Grenzsituationen möglich

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Annette Kurschus: „Grundsätzlich gilt, dass der assistierte Suizid kein reguläres Angebot in unseren Einrichtungen sein kann. Darauf muss sich jeder Mensch verlassen können, der sich einer kirchlichen oder diakonischen Einrichtung anvertraut.“ Es gebe aber Situationen, in denen das Leben so unerträglich werde, dass es ein Mensch beim besten Willen nicht mehr aushalten könne.

Annette Kurschus: „Grundsätzlich gilt, dass der assistierte Suizid kein reguläres Angebot in unseren Einrichtungen sein kann. Darauf muss sich jeder Mensch verlassen können, der sich einer kirchlichen oder diakonischen Einrichtung anvertraut.“ Es gebe aber Situationen, in denen das Leben so unerträglich werde, dass es ein Mensch beim besten Willen nicht mehr aushalten könne.

© David Inderlied / dpa / picture alliance (Archivbild)

Frankfurt. In der Debatte um Suizidbeihilfe hält die neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, eine Suizidbeihilfe in evangelischen Einrichtungen in „absoluten Ausnahmesituationen“ und „einzelnen Grenzsituationen“ für denkbar.

Grundsätzlich gelte, dass der assistierte Suizid „kein reguläres Angebot in unseren Einrichtungen“ sein könne, sagte die Präses der Evangelischen Kirchen von Westfalen im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Darauf muss sich jeder Mensch verlassen können, der sich einer kirchlichen oder diakonischen Einrichtung anvertraut.“

„Im verzweifelten Sterbewunsch nicht im Stich lassen“

Es gebe aber Situationen, in denen das Leben so unerträglich werde, dass es ein Mensch beim besten Willen nicht mehr aushalten könne, so die Ratsvorsitzende weiter. „Ich spreche von absoluten Ausnahmesituationen, in denen jede seelsorgliche und psychologische Begleitung, jede Form der menschlichen Fürsorge, auch jede Form der hoch entwickelten palliativen Medizin an ihr Ende kommen.“ In solchen Situationen halte sie es für eine christliche Pflicht, „den Menschen, der nicht mehr leben kann, auch in seinem verzweifelten Sterbewunsch nicht im Stich zu lassen.“

Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt. Die Selbsttötung gehöre zum Recht auf Selbstbestimmung, so die Karlsruher Richter. Das schließe auch die Hilfe Dritter ein. Die katholische Kirche lehnte daraufhin Suizidbeihilfe in ihren Einrichtungen kategorisch ab. Einzelne evangelischen Theologen erklärten hingegen, ein professionell assistierter Suizid sollte auch in kirchlichen Heimen und Krankenhäusern möglich sein. Dem widersprachen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der frühere Ratsvorsitzende Wolfgang Huber sowie der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock. Sie mahnten, dass der Suizid nicht eine Normalform des Sterbens werden dürfe.

„Schutz des Lebens“ im Zentrum der Tätigkeit

Kurschus hatte nach ihrer Wahl zur Ratsvorsitzenden angekündigt, sie wolle den „Schutz des Lebens“ ins Zentrum ihrer Tätigkeit stellen. Auf die Frage, ob sie Änderungsbedarf bei der rechtlichen Regelung der Abtreibung sehe, sagte sie, in einer Schwangerschaft gehe es „nie nur um einen Körper, sondern um zwei Leben“. Die schwangere Frau und der Embryo seien sind untrennbar miteinander verbunden.

Zugleich sei die Schwangere in soziale Bezüge eingebunden. „In dieser Gemengelage können Dilemmata entstehen. In aller eindeutigen Option für das Leben geht es darum, auch existenzielle Konflikte, die im Leben entstehen, ernst zu nehmen.“ (KNA)

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