Urteil

Antrag beim Konsulat fast schon Rechtsmissbrauch

Stellt ein Versicherter einen Leistungsantrag bei einem Konsulat im Ausland, gilt die Entscheidungsfrist von drei Wochen nicht.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

CELLE. Gesetzlich Versicherte können einen Leistungsantrag für ihre Krankenkasse zwar auch bei einem Konsulat im Ausland einreichen – eine Antwort innerhalb von drei Wochen können sie dann allerdings nicht erwarten, stellte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem aktuell veröffentlichten Eilbeschluss klar. Eine „fiktive Genehmigung“ trete dann so rasch nicht ein, so die Richter.

Laut Gesetz haben die Krankenkassen drei Wochen Zeit, einen Leistungsantrag zu bearbeiten. Holen sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein, sind es fünf Wochen. 2016 hatte das Bundessozialgericht in Kassel betont, dass bei einem Verstoß gegen diese Fristen der Antrag als „fiktiv genehmigt“ gilt.

Antrag auf Jersey gestellt

In dem nun vom Landessozialgericht Celle entschiedenen Fall berief sich darauf eine Frau aus dem Landkreis Osterholz bei Bremen. Die 53-Jährige leidet seit Jahren an schmerzhaften Fettablagerungen an ihren Armen und Beinen. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie daher eine Kostenübernahme für das Absaugen des Fetts. Die Kasse lehnte dies allerdings ab; die sogenannte Liposuktion sei keine Kassenleistung.

Hiergegen legte die Versicherte Widerspruch ein. Noch ehe die Krankenkasse darüber abschließend entschieden hatte, flog die Frau in den Urlaub auf die britische Kanalinsel Jersey. Nach eigenen Angaben stellte sie dort fest, dass sich ihr Zustand „beängstigend“ verschlechtert hatte. Daher stellte sie einen weiteren Leistungsantrag, den sie jedenfalls nach eigenem Bekunden noch am Urlaubsort beim deutschen Honorarkonsulat einreichte.

Danach hörte sie von ihrer Krankenkasse knapp drei Monate nichts. Mit einer Klage und einem Eilantrag machte sie daher geltend, die gesetzlichen Entscheidungsfristen seien mittlerweile längst überschritten und ihr Antrag daher „fiktiv genehmigt“.

Doch das Landessozialgericht Celle zweifelte schon an der Eilbedürftigkeit. So oder so sei aber „die Genehmigungsfiktion rechtlich nicht eingetreten“. Das Bestreben, über einen Leistungsantrag bei einem Konsulat im Ausland eine „fiktive Genehmigung“ zu erreichen, grenze schon an Rechtsmissbrauch.

Andere Fristen

Zwar könne ein Antrag grundsätzlich auch über ein Konsulat eingereicht werden. Allerdings könnten dann die Fristen für die Genehmigungsfiktion nach ihrem Sinn und Zweck nicht schon ab Antragsabgabe gelten.

Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen:

Az.: 16/KR 362/18 B ER

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