Schwer psychisch Kranke

Arbeit könnte viele wieder gesund machen

Wer psychisch schwer krank ist, hat auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen. Fachärzte haben jetzt eine Studie vorgelegt: Demnach fehlt es an guten Konzepten und einer besseren Verzahnung von Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsmarkt.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:
Ehrgeizig, genial, psychisch krank: In "A beautiful mind" gewinnt der Mathematiker John Forbes Nash (Russell Crowe) den Nobelpreis - trotz Schizophrenie.

Ehrgeizig, genial, psychisch krank: In "A beautiful mind" gewinnt der Mathematiker John Forbes Nash (Russell Crowe) den Nobelpreis - trotz Schizophrenie.

© UIP/dpa

BERLIN. Akut-Behandlung und Rehabilitation sollten besser vernetzt werden, um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen besser im ersten Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Uni Leipzig. Professorin Steffi G. Riedel-Heller empfiehlt konkret, Patienten frühzeitig an einen Arbeitsplatz zu vermitteln und dann unbefristet zu begleiten.

"Für junge Erwachsene bedeutet eine entsprechende Diagnose ein Knick in der eigenen Erwerbsbiografie. Jeder Zweite von ihnen ist nicht mehr erwerbstätig, jeder Fünfte arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung", sagte Dr. Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN), bei der Präsentation der Studie in Berlin.

Die DGPPN hatte gemeinsam mit dem Verein Gesundheitsstadt Berlin die Untersuchung in Auftrag gegeben.

Psychische Erkrankung bei rund 28 Prozent

Menschen mit einer psychischen Diagnose, einer Behandlungsdauer von mindestens zwei Jahren sowie bestehenden Beeinträchtigungen gelten als schwer psychisch krank.

Bis zu einer Million Erwachsene (ein bis zwei Prozent der Bevölkerung) sind in Deutschland davon betroffen. Rund 28 Prozent der Bevölkerung leidet an mindestens einer psychischen Erkrankung pro Jahr.

Eine sinnstiftende Arbeit könne, so Hauth, neben dem selbstbestimmten Wohnen und guten sozialen Beziehungen wesentlich zur "Wiedergesundung trotz wiederkehrender Krisen- und Krankheitszeiten" beitragen.

Für viele Betroffene aber ist es bislang kaum möglich, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Beispielsweise sind laut Studie nur etwa zehn bis 20 Prozent der Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung europaweit erwerbstätig.

In Deutschland sind 42,7 Prozent aller gesundheitsbedingten Frühverrentungen in psychischen Erkrankungen begründet.

Etwa die Hälfte der frühzeitig berenteten Versicherten hatte im Jahr zuvor eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation wahrgenommen.

Arbeit ist zentraler Schlüssel

"Arbeit macht gesund und ist für viele Betroffene der zentrale Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben", sagte Ulf Fink, Vorstandsvorsitzender der Gesundheitsstadt Berlin.

Entscheidend sei, sich bei allen Vorhaben zur Wiedereingliederung auf den ersten Arbeitsmarkt zu konzentrieren, vermehrt Integrationsfirmen zu etablieren und umfassend über die Angebote zu informieren.

Zudem forderte Fink, unterstützende Maßnahmen zur Wiedereingliederung für diese Zielgruppe grundsätzlich zu entfristen.

Um Akut-Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsmarkt besser zu verknüpfen, verweist Professorin Steffi G. Riedel-Heller auf das Verfahren des "Supported Employment" (SE).

Dieses setze anders als traditionelle Reha-Konzepte darauf, die Erkrankten zuerst in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln und dann durch spezialisierte Begleiter wie etwa "Job Coaches" unbefristet zu begleiten.

"Das Verfahren ist wirkungsvoller als übliche Berufsvorbereitungstrainings", sagte Riedel-Heller.

Fink verwies auf die "Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke" (RPK), die vertraglich sowohl von gesetzlichen Krankenkasse wie von der Deutschen Rentenversicherung getragen werden.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Glosse

Die Duftmarke: Personalisierte Medizin

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Lesetipps
Junger Mann mit Schmerzen im unteren Rückenbereich.

© anut21ng Stock / stock.adobe.com

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lungenkrebs so früh wie möglich erkennen und damit die Heilungschancen erhöhen helfen soll das neue Früherkennungsprogramm, das der G-BA beschlossen hat.

© Sascha Steinach / ZB / picture alliance

Beschluss des G-BA

Lungenkrebs-Screening wird Kassenleistung

Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung