Trauma-Therapie

Basis für den Frieden

Krieg, Verfolgung, Terror: Bei der "Global Health Summer School" denken Medizinstudenten darüber nach, wie Ärzte helfen können, politische Gräben zu überwinden.

Von Susanne Werner Veröffentlicht:

BERLIN. Die Basis für Frieden wird mit jedem einzelnen Gesellschaftsmitglied gelegt. Das betonte Kinder- und Jugendpsychotherapeut Salah Ahmad bei der "Global Health Summer School". Demnach muss eine Aussöhnung in den betroffenen Familien ansetzen: "Die Angehörigen sollten über die Trauma-Folgen informiert sein, Verständnis für die Opfer entwickeln und das Geschehene mittragen.

Das ist die Grundlage, damit auch auf der politischen Ebene der Frieden wieder einkehrt", sagte Ahmed in Berlin. Eine schwer traumatisierte Gesellschaft könne keinen Frieden schaffen.

Um den Austausch über solch politische Themen zu fördern, laden seit 2011 die Ärzteorganisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges) und das sozialmedizinische Institut der Charité zur "Global Health Summer School".

Medizinstudenten tagten in Berlin

 Jedes Jahr kommen dabei Medizinstudenten aus aller Welt zu einer einwöchigen Tagung nach Berlin. Inhaltlich ging es in diesem Jahr um die Frage, welche Rolle Ärzte und andere Professionelle aus dem Gesundheitswesen in den Krisenregionen einnehmen und was sie zu einer friedlichen Politik beitragen könnten.

Salah Ahmad kam in den 1980er Jahren nach Deutschland, ließ sich zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten ausbilden und arbeitete einige Jahre im Berliner Behandlungszentrum für Folteropfer. 2005 kehrte er in seine kurdische Heimat im Nordirak zurück und gründete in Kirkuk das Zentrum für Folteropfer.

Daraus hat sich später die Jiyan Foundation entwickelt, unter deren Dach mittlerweile neun Rehabilitationszentren in sechs Städten der kurdischen Autonomieregion arbeiten. Zwei der Häuser wurden in Flüchtlingslagern eingerichtet und eine Klinik richtet sich speziell an Frauen, die aus der Gefangenschaft des islamischen Staates zurückgekehrt sind.

Von 2005 bis 2014 haben die 140 Mitarbeiter – darunter Psychologen, Therapeuten, Sozialarbeiter, Ärzte – rund 13.000 Überlebende von Folter und Gewalt versorgt. 40 Prozent der Betroffenen waren Frauen, weitere 30 Prozent Kinder und Jugendliche.

Erfahrene Gewalt, so Ahmad, lässt sich nur in kleinen Schritten und mit viel Geduld therapeutisch aufarbeiten. Dass die Behandlung hilft, zeige sich beispielsweise dann, wenn ein zehnjähriger Junge nach neun Monaten wieder zu sprechen beginnt oder eine schwer misshandelte Frau schließlich mit etwas Lippenstift geschminkt zur Behandlung kommt.

"Daran merke ich, dass die Betroffenen wieder Hoffnung schöpfen, am Leben teilhaben und nicht mehr nur depressiv und traurig sind. Wir Therapeuten können nicht heilen, aber die Menschen dazu befähigen, weiter zu leben", sagt Ahmad.

Mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Der Therapeut, der in den 1980er Jahren nach Deutschland gekommen ist, pendelt mittlerweile zwischen Deutschland und dem Irak. Seine Stiftung ist in beiden Ländern als gemeinnützige Nichtregierungsorganisation registriert. Für sein Engagement wurde Ahmad im Februar 2015 in Deutschland mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Dass das Engagement der Ärzte jedoch nicht in jedem Land willkommen ist, zeigte sich an diesem Abend in einer Lücke auf dem Podium. Die türkische Rechtsmedizinerin Sebnem Korur Fincanci hatte offenbar kein Visum für den Besuch in Deutschland erhalten.

Die Hochschullehrerin ist seit 2009 Präsidentin der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV), die Folterüberlebende kostenlos behandelt und Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Sebnem Korur Fincanci hat auch maßgeblich das Istanbul-Protokoll mitentwickelt, das Standardwerk der Vereinten Nationen zur Aufdeckung von Folter.

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