Politische Hintergründe

Budgetierung, Honorar und Studienplätze

Die Autoren der Leitlinie streifen auch gesundheitspolitische Aspekte. Die Politik, so ihr Appell, muss bessere Voraussetzungen für eine gute Versorgung von multimorbiden Patienten schaffen.

Veröffentlicht:

Die Versorgung von multimorbiden Patienten kostet Zeit – und die muss angemessen vergütet werden. Das ist eine der berufspolitischen Botschaften der neuen Leitlinie Multimorbidität.

Politik, Ärzte und Gesellschaft seien gefordert, entsprechende Voraussetzungen zu schaffen, heißt es in der Präambel der Leitlinie auf Seite 5. Die Autoren sehen gleich mehrere gesundheitspolitische Ansatzpunkte:

  • Angemessene Vergütung von Patientengesprächen: "Bedingt durch die in Deutschland hohe Arzt-Patient-Kontakthäufigkeit, Fehlanreize im Honorierungssystem, bei der Dokumentation und technische Leistungen besser, Gespräche aber durch strikte Budgetierung weniger gut bezahlt werden, spielt der Zeitfaktor im hausärztlichen Bereich eine kritische Rolle", heißt es auf Seite 27. Nötig sei eine angemessene Honorierung der ärztlichen Leistungen, "die eine derartige zeitintensive Leistung anerkennt". Mit dieser Forderung rennt die DEGAM bei vielen gesundheitspolitischen Akteuren und Institutionen offene Türen ein, die in den vergangenen Wochen eine Abschaffung der Budgetierung gefordert hatten – darunter KBV-Chef Dr. Andreas Gassen, NAV-Virchow-Bund und Hartmannbund.
  • Delegation von Aufgaben an andere Berufsgruppen: Wo möglich, könnten Ärzte Aufgaben an MFA, VERAH oder NäPA delegieren, um sich verstärkt auf Patientengespräche zu konzentrieren . Diese Option steht und fällt mit der Honorierung für Tätigkeiten der Assistenzberufe. Ende September wurde das Honorar beschlossen – und das Budget für die Leistungen der NäPA aufgestockt.
  • Ausreichend viele Ärzte: Gerade in ländlichen Gebieten haben Hausärzte Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden. Das liegt zum einen daran, dass die Infrastruktur in dörflichen Gegenden nicht anziehend wirkt und die Verantwortung in Einzelpraxen auf dem Land groß ist. Auf der anderen Seite aber auch daran, dass die Allgemeinmedizin für junge Ärzte lange als unattraktiv galt. Mit Ausbildungs- und Niederlassungsförderungen steuern Politik und KVen mittlerweile dagegen – und, wie es scheint, zeigen sich erste Erfolge. So meldete zum Beispiel die KV Bayerns im Frühjahr erstmals seit 2014 wieder eine Zunahme bei der Zahl der Hausärzte. Doch Versorgungsexperten wie Dr. Günther Matheis, Präsident der Ärztekammer Rheinland-Pfalz, warnen davor, zu kurzfristig zu denken, und fordern mehr Köpfe in der Versorgung – durch eine Aufstockung von Studienplätzen. Genau die ist aber im Reformpapier Masterplan Medizinstudium 2020 nicht ausdrücklich vorgesehen. (aze)
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