Dokumentationsaufwand 2019

Bürokratieindex: Leichte Entspannung an der Zettelfront

Der Bürokratieaufwand in Praxen geht leicht zurück. 60 Tage im Jahr ist jedes Team aber immer noch mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt. Ein Thema ärgert Ärzte besonders.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
 Bürokratiepflichten: Ärzte und Psychotherapeuten haben täglich einiges an Vorgaben der Selbstverwaltung zu erledigen. Der Aufwand scheint sich im letzten Jahr nun etwas gemindert zu haben.

Bürokratiepflichten: Ärzte und Psychotherapeuten haben täglich einiges an Vorgaben der Selbstverwaltung zu erledigen. Der Aufwand scheint sich im letzten Jahr nun etwas gemindert zu haben.

© Kerstin Waurick/iStockphoto

Berlin. Der Bürokratieaufwand in Praxen ist 2019 im Vergleich zu den Vorjahren leicht gesunken. Dennoch verbringen Praxisteams im Schnitt jährlich rund 60 Tage mit dem Abarbeiten von Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben. Das entspricht insgesamt rund 55 Millionen Nettoarbeitsstunden, wie aus dem Bürokratieindex 2019 für die vertragsärztliche Versorgung (BIX) hervorgeht. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die private Fachhochschule des Mittelstands (FHM) in Bielefeld stellten den Report am Dienstag in Berlin vor.

Der BIX veranschaulicht, wie viel Zeit Ärzte und Psychotherapeuten im Jahr aufwenden, um die aus den Vorgaben der Selbstverwaltung entstehenden Bürokratiepflichten zu stemmen. Der BIX wird seit 2016 veröffentlicht.

2017 und 2018 war der Bürokratieaufwand in den Praxen noch gestiegen. 2019 sei er erstmals um knapp zwei Prozent zurückgegangen, sagte Professor Volker Wittberg von der FHM und Leiter des Nationalen Zentrums für Bürokratiekostenabbau. In absoluten Zahlen seien das rund eine Million Stunden weniger. Erneut hätten wenige Informationspflichten (sechs Prozent) das Gros der Belastung (91 Prozent) in den Praxen ausgemacht.

Bürokratie ist weiterhin „Niederlassungshemmnis“

„Der Bürokratieberg konnte zumindest ein bisschen abgebaut werden“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. „Trotzdem haben wir noch einiges an Wegstrecke vor uns.“ Bürokratische Lasten stellten weiterhin ein „Niederlassungshemmnis“ dar. Nicht nur der Gesetzgeber, auch Krankenkassen müssten die Vorgaben stärker „hinterfragen.“ Entbürokratisierung sei nicht nur Wunsch der Ärzte. Profitieren könnten auch Versicherte und die Kassen selber.

Wittberg wies daraufhin, dass das Gros der Bürokratiepflichten von Ärzten und Therapeuten selber erbracht werde. Knapp 63 Prozent der dafür aufgewendeten Arbeitsstunden fielen bei ihnen an – knapp 31 Prozent bei den Praxisangestellten. „Der Aufwand ist also nicht nur hoch, sondern auch teuer.“

Die größte zeitliche Belastung bringen den Angaben zufolge Verordnungen und Bescheinigungen mit sich. Die „Hitliste“ der Top-Zuwächse an Bürokratie führt die Dokumentation beim Hautkrebsscreening an. Hier sind über 32.000 Stunden hinzugekommen. Wegen eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) müssen insbesondere Dermatologen mehr Parameter als früher dokumentieren.

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An der Spitze der Entlastungen steht der Wegfall des Ausfüllens und Archivierens des Berichtsvordrucks „Gesundheitsuntersuchung“. Das sei Folge der geänderten Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie des GBA, hieß es. Dadurch seien 500.000 Stunden Aufwand weggefallen.

Entlastung durch digitale Dokumentation?

Für weiteren Bürokratieabbau böten sich mehrere Optionen an, sagte Kriedel. Dazu gehörten ein schlankeres Verfahren bei der Arztzulassung, eine unbürokratischere Umsetzung der digitalen AU-Bescheinigung und des eRezeptes sowie die Abschaffung des doppelten Antrags für Kurzzeittherapie im Rahmen der Psychotherapie.

Vorstellung des BIX 2019: Dr. Roland Stahl, KBV-Dezernent, Dr. Thomas Kriedel, KBV-Vorstandsmitglied und Prof. Dr. Volker Wittberg, Prorektor Forschung & Entwicklung Fachhochschule des Mittelstands (FHM).

Vorstellung des BIX 2019: Dr. Roland Stahl, KBV-Dezernent, Dr. Thomas Kriedel, KBV-Vorstandsmitglied und Prof. Dr. Volker Wittberg, Prorektor Forschung & Entwicklung Fachhochschule des Mittelstands (FHM).

© Tom Funke / KBV

Kriedel betonte, vor allem die Digitalisierung biete viel „Entlastungspotenzial“. Wie sich die bürokratische Belastung weiterentwickele, hänge aber vor allem davon ab, wie die Digitalisierung in Praxen konkret umgesetzt werde. Das Beispiel der vom Gesetzgeber gewollten elektronischen AU-Bescheinigung zeige, dass Bürokratieabbau auch in Zeiten der Digitalisierung „kein Selbstläufer“ sei.

Derzeit ist außer der digitalen Variante noch ein Papierausdruck der AU-Bescheinigung vorgesehen. Das bedeute mehr Bürokratie für Ärzte und erschwere es, die nötige Akzeptanz für den gesamten Prozess der Digitalisierung in Praxen zu erreichen, kritisierte Kriedel.

Sorge bereitet der KBV auch die Umsetzung der elektronischen Signatur, die etwa beim eRezept ab Mitte 2020 erforderlich ist. „Das kostet Zeit.“ Hier brauche es die Möglichkeit der „Komfortsignatur“. Dabei ist eine Signatur des Arztes ohne erneute PIN-Eingabe für die nächsten 250 Rezepte möglich.

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