gematik

Elektronisches Rezept soll stufenweise ausgebaut werden

Bis 30. Juni 2020 sollen die Spezifikationen für das E-Rezept stehen. Die gematik ist überzeugt: Das klappt. Vertragsärzte halten den Zeitplan dagegen für sehr ambitioniert – und warnen vor überzogenen Erwartungen.

Von Thomas Hommel Veröffentlicht:
Bis Juli 2020 will die gematik ein Verfahren zur digitalen Verordnung entwickelt haben.

Bis Juli 2020 will die gematik ein Verfahren zur digitalen Verordnung entwickelt haben.

© peart / stock.adobe.com

Berlin. Die gematik sieht sich bei der geplanten Umsetzung des elektronischen Rezepts auf einem guten Weg. „Das werden wir rechtzeitig nach vorne bringen können“, sagte Geschäftsführer Dr. Markus Leyck Dieken bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) am Mittwoch in Berlin.

Laut Sozialgesetzbuch hat die gematik bis 30. Juni 2020 Zeit, um Spezifikationen und Zulassungsverfahren zu schaffen, damit ärztliche Arzneimittel-Verordnungen in digitaler Form übermittelt werden können. Laut BAH werden derzeit täglich etwa 1,3 Millionen Papierrezepte ausgestellt.

2.0-Version mit Grünem Rezept?

Bis Ende Juni 2020 werde eine Art 1.0-Version des E-Rezepts vorliegen, ist Leyck Dieken überzeugt. In der darauffolgenden 2.0-Version 2021 werde dann sicher auch das Grüne Rezept integriert sein und sich auf digitalem Wege übermitteln lassen. Für das E-Rezept gelte, was generell für die Digitalisierung im Gesundheitswesen gelte: „Einfach mal beginnen, ohne gleich die 110-prozentige Lösung parat zu haben.“

Um das E-Rezept technisch umzusetzen, sei ein zentraler Datenserver geplant. Auf diesem könnten die verschiedenen IT-Anbieter mit ihren Lösungen aufsetzen und sich differenziert darstellen. Somit werde ein technisch stabiles Rückgrat und zugleich Wettbewerb beim Rollout des elektronischen Rezepts sichergestellt. Wie Leyck Dieken versichert, bezieht die gematik Erfahrungen aus laufenden Pilotprojekten zum E-Rezept in ihre Überlegungen mit ein. „Wir wollen viele Dimensionen kennenlernen.“

Die Komfortsignatur ist eine Sollbruchstelle beim E-Rezept.

Sebastian John Leiter der Abteilung Sicherstellung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Gleichwohl habe ihn die „extrem hohe Zahl“ an Piloten – der gematik-Chef nannte 52 – „schon etwas“ erstaunt. „Am Ende muss die Überleitung auf die Spezifikation gelingen.“ Wichtig sei aus seiner Sicht, dass das E-Rezept mit dem digitalen Medikationsplan und der elektronischen Patienten verknüpft sei. „Wir müssen unbedingt einen automatischen Flow haben, wenn der Patient will, dass das E-Rezept auch in seinem Medikationsplan und seiner Patientenakte niedergelegt ist.“ Das sei bislang so nicht vorgesehen. Die Gespräche hierüber liefen aber, so der gematik-Chef.

„Schlüssige“ Digitalisierung gelinge nur dann erfolgreich, wenn sie Nutzen schaffe und Arbeitsabläufe erleichtere. Übergeordnetes Ziel müsse sein, dass der Arzt jedem Bürger „jahresaktuelles medizinisches Wissen“ digital vermitteln könne. Das beuge auch gesundheitlichen Risiken vor, denn es ließe sich zum Beispiel schnell erkennen, ob wichtige Impfungen vorgenommen worden seien oder nicht. In der analogen Welt stünden Ärzte wie Patienten diesbezüglich oftmals vor „einem Blanko“.

Der Leiter des Bereichs Sicherstellung bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Sebastian John betonte, für die Patienten bedeute das E-Rezept „einen Zugewinn an Versorgungsmöglichkeiten“, etwa im Bereich der Fernbehandlung. Jedoch adressiere das elektronische Rezept nur „einen Teil des komplexen Medikationsprozesses“, schränkte John ein. Die Ärzte setzten darauf, dass sich das digitale Rezept „hoffentlich als Standardweg für die Übermittlung von Rezepten“ durchsetze.

Komfortsignatur gefordert

„Dass es zu einer richtigen Entbürokratisierung führt, da muss man allerdings ein Fragezeichen hinter setzen“, so John. Es werde weiterhin Zettelwirtschaft in den Praxen geben. Auf jeden Fall müssten die Möglichkeiten der Komfortsignatur genutzt werden. Das sei eine Sollbruchstelle beim E-Rezept. Bei etwa 700 Millionen Verordnungen im Jahr müsse die Umsetzung des E-Rezepts für den Arzt zwingend komfortabel ausgestaltet sein.

Kritik übte der KBV-Experte an den gesetzten Fristen für Ärzte und Apotheker. Beide müssen bereits bis Ende März 2020 die Voraussetzungen für das E-Rezept schaffen. „Der Zeitplan ist aus unserer Sicht sehr ambitioniert.“ Am Ende werde es auch nicht so sein, dass jeder Patient gleich zum 1. Juli 2020 das E-Rezept nutzen könne. „Dann geht es erst los.“ Der Termin für die „tatsächliche Feldverfügung“ sei noch offen, betonte John.

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