Schule und Pandemie

Corona: Kinderärzte und Lehrer wollen Präsenzunterricht

Vor der Schalte der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten betonen Verbände die Bedeutung offener Schulen für die Kinder. Die DAKJ nennt aber Bedingungen. Die Kultusminister wollen ein Stufensystem.

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„Die Pause ist aus! Maske auf ... und aufstellen!“, heißt es in einer Ditzinger Grundschulklasse. Die Kultusminister der Länder beraten über das Vorgehen an Schulen nach den Ferien.

„Die Pause ist aus! Maske auf ... und aufstellen!“, heißt es in einer Ditzinger Grundschulklasse. Die Kultusminister der Länder beraten über das Vorgehen an Schulen nach den Ferien.

© Sebastian Gollnow/dpa

Berlin. Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) hat sich zusammen mit dem Deutschen Lehrerverband dafür ausgesprochen, trotz Corona-Pandemie Schulschließungen zu vermeiden. Die Politik müsse alles dafür tun, damit Unterricht im neuen Jahr wieder unter verantwortbaren Bedingungen stattfinden könne, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Den Vorschlag, die Weihnachtsferien bis Ende Januar zu verlängern und im Gegenzug die Sommerferien zu verkürzen, lehnen die Verbände ab – dies sei nichts anderes als eine weitere Phase der Schulschließung.

Präsenzunterricht sei sowohl zur Erfüllung des Bildungsauftrages als auch unter psychosozialen Gesichtspunkten das Beste für Kinder und Jugendliche. „Schulschließung bedeutet auch nachteilige Auswirkungen auf die psychosoziale und motorische Entwicklung, Kindeswohlgefährdung, Benachteiligung sozial Schwächerer, Gefährdung von Kindern mit besonderen Bedarfen und aktuelle Beeinträchtigung der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen“, sagte der der Generalsekretär der DAKJ, Professor Hans-Iko Huppertz.

Bundesweiter Hygienestufenplan nötig

Gleichwohl müsse der Schulbeginn nach den Weihnachtsferien vom regionalen und überregionalen Infektionsgeschehen abhängig gemacht werden. Schulen seien zwar „in der Regel nicht zu den Infektions-Hotspots“ zu zählen, aber trotzdem Teil des Infektionsgeschehens. Deshalb brauche es jetzt bundeseinheitliche und verbindliche Rahmenbedingungen und zusätzliche Gesundheitsschutzmaßnahmen, um die Schulen so bald wie möglich für eine Rückkehr zum Unterrichtsbetrieb vorzubereiten.

Dazu zählt nach Meinung der DAKJ zuvorderst ein bundesweiter Hygienestufenplan, der abhängig vom Infektionsgeschehen und der Altersstufe definiert, welche Gesundheitsschutzmaßnehmen jeweils notwendig sind: beispielsweise Präsenzunterricht mit oder ohne Maske, Wechselunterricht oder Distanzunterricht.

Schnelltests für Schulen vorhalten

Außerdem müsse der Infektionsschutz deutlich verbessert werden, indem alle Klassen- und Lehrerzimmer belüftbar zu sein hätten und der Mindestabstand von 1,5 Metern im Wechselunterricht eingehalten werden könne. Lehrern sollten ausreichend geeignete Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt und Schnelltests auf SARS-CoV-2 bedarfsorientiert vorgehalten werden. An jeder Schule sollten Lehrkräfte als Hygienebeauftragte vorgesehen und bei Infektionsfällen strukturierte Ausbruchsanalysen durch das Gesundheitsamt verpflichtend sein. Außerdem sei der Transport in Schulbussen und im öffentlichen Personennahverkehr unter Hygienegesichtspunkten zu regeln.

Allerdings müssen sich die meisten Schülerinnen und Schüler in Deutschland wohl darauf einstellen, dass sie zum Schutz vor Corona-Infektionen vorerst wohl weiter nicht an ihre Schulen können. Allerdings soll es stufenweise Öffnungen für untere Klassen und Abschlussklassen geben. Das beschlossen die Kultusminister der Länder am Montag in einer Schaltkonferenz, wie die Kultusministerkonferenz (KMK) in Berlin mitteilte. Der Schul-Lockdown war von Bund und Ländern Mitte Dezember als Teil des Herunterfahrens des gesamten öffentlichen Lebens ursprünglich bis Ende dieser Woche vereinbart worden. Aufgrund der nach wie vor hohen Inzidenzwerte und der nicht sicheren Einschätzung des Infektionsgeschehens nach den Feiertagen müssen laut dem Beschluss „unter Umständen die im Dezember beschlossenen Maßnahmen in Deutschland oder in einzelnen Ländern fortgeführt werden“.

Zuerst Präsenzunterricht für die Jahrgangsstufen 1 bis 6

Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs sei in Stufen möglich – „sollte es die Situation in den einzelnen Ländern zulassen“. Zuerst sollten dann die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 wieder Präsenzunterricht haben und die weiteren Jahrgänge im Distanzunterricht bleiben. Durch eine Halbierung der Klassen solle in einer zweiten Stufe dann ergänzend Wechselunterricht für Schülerinnen und Schüler höherer Klassen ermöglicht werden.

Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen soll es demnach erst in einer Stufe drei geben. Für Abschlussklassen soll aber weiterhin eine Ausnahme von den Beschränkungen gelten, so dass sie sich angemessen auf Prüfungen vorbereiten können.

Wie es aus Kreisen der Kultusminister hieß, soll es mit diesem Beschluss möglich werden, dass Länder ihre Schulen in der kommenden Woche für die Klassen 1 bis 6, 10 und 12 öffnen. In ihrem Beschluss betonten die Kultusminister, dass die Öffnung von Schulen höchste Bedeutung habe. „Sollte es zu Lockerungen der im Dezember 2020 beschlossenen Maßnahmen kommen, müssen die Schulen von Anfang an dabei sein.“

Einzelne Länder mit teils strengeren Ansagen

Allerdings sollte die Videokonferenz der Kultusminister vor allem der Vorbereitungen erneuter Beratungen der Regierungschefs der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Dienstag dienen. Einzelne Länder waren mit eigenen, teils strengeren Ansagen für die Schulen vorgeprescht. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) begrüßte in einer Mitteilung den Beschluss. „Der Präsenzunterricht ist und bleibt die beste Option für den Lernerfolg. Ich hoffe, dass die Ministerpräsidentenkonferenz und die Bundeskanzlerin bei der bevorstehenden Entscheidung dies ebenfalls berücksichtigen.“ Im Vorfeld der KMK-Sitzung hatte sie gefordert, Kindergärten und Grundschulen auf jeden Fall schon ab dem 11. Januar wieder zu öffnen.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte bei SWR Aktuell, der Fernunterricht an den Schulen in Rheinland-Pfalz solle auf jeden Fall mindestens bis zum 15. Januar weiterlaufen. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte der „Bild“-Zeitung: „Angesichts des Infektionsgeschehens und der unsicheren Datenlage bin ich Schulöffnungen im Präsenzunterricht zum 11. Januar gegenüber sehr skeptisch.“ In Hamburg sollen wegen der weiteren zahlreichen Corona-Neuinfektionen viele Schüler noch bis voraussichtlich Ende Januar zu Hause lernen. Der Senat der Hansestadt hatte die Anwesenheitspflicht für eine weitere Woche ausgesetzt und nicht ausgeschlossen, dass es auch in den letzten beiden Januarwochen keinen regulären Präsenzunterricht geben wird. (bar/dpa)

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