Kommentar zu Bund-Länder-Beschlüssen

Corona-Politik mit dem Würfel?

Wichtige Weichenstellungen für den weiteren Umgang mit der Pandemie haben Bund und Länder bei ihren Beratungen verpasst. Herausgekommen ist stattdessen Corona-Kosmetik.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

Die Pandemie ist nicht vorbei. Das zeigt sich auch daran, dass es mal wieder eine Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel zu Corona gab. Knapp fünf Stunden saßen die Chefs von Bund und Länder zusammen. Zuerst und vergleichsweise schnell wurden Fluthilfen in Höhe von 30 Milliarden Euro beschlossen, anschließend neue Maßnahmen im Kampf gegen das Virus.

Knallhart-Beschlüsse waren nicht zu erwarten – in knapp sieben Wochen sind Bundestagswahlen. Da will es sich keiner in der Runde mit dem Pandemie-genervten Volk verscherzen.

So legte die Bund-Länder-Runde am Ende Corona-Kosmetik auf: Hier das Ende der kostenlosen Bürgertests ab 11. Oktober, dort eine 3G-Regel etwa für Innengastronomie, Theater und Kinos, schließlich die Fortdauer der Masken- und Abstandspflicht in Supermärkten, Bussen und Bahnen. Alles erwartbar, und vieles von der Mehrheit der Bundesbürger in Umfragen als angezeigt eingestuft. Tat also nicht wirklich weh, diese virtuelle Corona-Runde.

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Zu wichtigen Entscheidungen konnten sich Merkel & Co. nicht durchringen. Dazu gehört auch, die Einschätzung der Infektionslage nicht länger allein auf der Inzidenz aufzusetzen, sondern weitere Parameter heranzuziehen: Hospitalisierungsrate, Test-Positivrate, Impfquote, Altersstruktur der Patienten.

Ärzte-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hat darauf hingewiesen, dass zu all diesen Indikatoren Daten vorliegen – Daten des RKI, der Gesundheitsämter, der medizinischen Fachgesellschaften. Man müsse sie halt nur nutzen.

Dass es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht geschafft hat, der Bund-Länder-Runde eine Bewertungsziffer zur Coronalage über die Inzidenz hinaus vorzulegen, ist ein Armutszeugnis. Dabei betont Spahn seit Wochen, die Zahl der Neuinfektionen habe an Aussagekraft verloren. Dass die 3G-Regel an die Inzidenz – in dem Fall die 35er – gekoppelt ist, belegt, dass die Fantasie der Politik auch eineinhalb Jahre nach Pandemiebeginn bei Inzidenz und R-Wert endet.

Und warum eigentlich 35 – und nicht 50, 60 oder 100? Bringt da jemand Würfel zu den Beratungen mit? Wäre es nicht so traurig, man könnte drüber lachen.

Schreiben Sie dem Autor: thomas.hommel@springer.com

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 11.08.202120:07 Uhr

M.E. ist ein Dreiklang von krankheitsspezifischer/alters-/impf-adjustierter Inzidenz/ambulant und/oder stationär/Intensivbetten-Belegung/Krankenhaus-Einweisungen zielführend.
Bestechender Vorteil: Dies gilt für alle vergangenen und zukünftigen Pandemien gleichermaßen. Endlich werden Säuglings-, Kleinkinder-, Schulkinder-, Adoleszenten-, junge Erwachsenen-, Erwachsenen-, Senioren- und Hochbetagten-Inzidenzen, -Intensivbetten-Belegung und -Krankenhaus-Einweisungen altersgruppenspezifisch erfasst und ausgewertet.

Dies steht in Übereinstimmung mit Forderungen anerkannter Expertise:
Medizinstatistiker Prof. Dr. Gerd Antes hält die Inzidenz-Fokussierung für fehlerhaft.
Infektionsepidemiologe Prof. Dr. Gérard Krause kritisiert Fixierungen auf Labordiagnostik und Fallzahlen.
Eine "Übergangsphase von der Pandemie in eine Endemie“ behauptet Epidemiologe Prof. Dr. Klaus Stöhr im WDR.
Prof. Dr. Christian Karagiannidis wirbt für mehr Parameter zur Einschätzung der Pandemie-Situationen.
Prof. Dr. Christoph Rothe, Leiter Lehrstuhl für Statistik, Uni Mannheim, sagt, es sei „schon immer problematisch, Melde-Inzidenzen für die Beurteilung der pandemischen Lage heranzuziehen“.
Prof. Dr. Andreas Schuppert, Lehrstuhl für Computational Biomedicine, Aachen Institute for Advanced Study in Computational Engineering Science (AICES): Die Datenlage sei bei Weitem nicht so, wie sie sein sollte: „Wir wären klug beraten, die Sommermonate jetzt zu nutzen...um uns für den Herbst vorzubereiten und wirklich belastbare Daten kontinuierlich zu erfassen.
Selbst Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärte vor Wochen, die Inzidenz verliere an Aussagekraft.
Nur der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Prof. Dr. Lothar Wieler, plädierte
auf einer ARD-Schaltkonferenz zwischen Kanzleramtschef Braun und den Chefs der 16 Staatskanzleien für die Inzidenz als „Leitindikator“. Sein „Leitindikator für Infektionsdynamik“ ist aber alter Wein in neuen Schläuchen. Vgl.
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/34725-streit-um-corona-inzidenzen

MfG Schätzler

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