Der Standpunkt

Das Jahr (-zehnt) der Pflege

Wolfgang van den BerghVon Wolfgang van den Bergh Veröffentlicht:

Der Autor ist Chefredakteur der Ärzte Zeitung. Schreiben Sie ihm: vdb@springer.com

Es war eine gute Botschaft, die gleich zu Beginn der Woche alle überraschte: Die Pflegereform tritt in Kraft - zwar mit ein bisschen Verspätung, aber in der ersten Hälfte 2012 soll sie denn kommen. Das verspricht der Bundesgesundheitsminister. Vergessen sind die Negativschlagzeilen der letzten Wochen, in denen von Endlosschleifen, Konzeptions- und Planlosigkeit sowie von Zerstrittenheit die Rede war.

Alle Probleme gelöst? Von wegen! Die Finanzierung ist unklar, der Personalbedarf ist unkonkret und eine neue Definition von Pflegebedürftigkeit gibt es nicht. Statt konkreter Umsetzungspläne wird mal wieder die besondere Rolle der Familie betont: "In der Pflege ist zuerst die Familie gefordert."

Ja, wer denn sonst? Pflegende Angehörige sollen entlastet werden, die Kurzzeitpflege soll attraktiver werden, mehr Geld soll's für die Betreuung von Demenz-Patienten geben - Absichtserklärungen, die bekannt sind und an die Tage erinnern, an denen Philipp Rösler das Jahr der Pflege ausgerufen hatte.

Doch: Seit Monaten tritt die Koalition auf der Stelle. Drei Parteien, drei Pflegekonzepte, die nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Beispiel Finanzierung: Daniel Bahr wird nicht müde zu betonen, dass die Umlagefinanzierung der größte Fehler bei Einführung der Pflegeversicherung 1994 gewesen sei.

Das mag ja sein, nur für die von der FDP favorisierte individuelle Kapitaldeckung gibt es innerhalb der Koalition keine Mehrheit. Im Gegenteil: Hinter vorgehaltener Hand wird über eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte spekuliert sowie über eine Verlagerung von Leistungen aus der Pflege- in die Krankenversicherung.

Das soll vier Milliarden Euro in die Kassen bringen. Offiziell wird dies dementiert, weil die Koalition eine eigene KrisenPrioritätenliste hat. Und danach liegt die Euro-Krise weit vor der Pflege.

Im Interesse von etwa 2,4 Millionen Pflegebedürftigen, von denen fast 70 Prozent zu Hause gepflegt werden, kann man nur hoffen, dass der Minister seinen Worten Taten folgen lässt und die Reform 2012 in Kraft treten kann. Unklar ist jedoch, mit welchen Mehrheiten.

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